Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Rahsaan Roland Kirk › Re: Rahsaan Roland Kirk
gypsy tail wind(…) Und nein, Du bist gewiss nicht der einzige Kirk-Fan, ich bin ja auch ein grosser Fan, soulpope ebenso, vorgarten glaub ich auch?
Ich hab einfach manchmal das Gefühl, bei Deinen Aussagen (auch zu Unterhaltung vs. Kunst, da gehst Du der depperten unhaltbaren und sehr deutschen Schein-Unterscheidung auf den Leim) ein wenig Gegensteuer geben zu müssen, aber das ändert nichts an meiner grossen Liebe zu Kirks Musik.(…)
Die Unterscheidung Unterhaltung vs. Kunst sehe ich ganz entspannt, bzw. eigentlich überhaupt nicht bzw. als jemand, der mit anglo- und afro-amerikanischer Popkultur aufgewachsen ist, wahrscheinlich sogar ziemlich un-deutsch. Ich bin da ganz bei Leonard Bernstein, wenn er sagt „Elvis is the greatest cultural force in the twentieth century.“ Den Begriff Musikant verstehe ich an sich nicht abwertend, ich weiß aber nicht, wie andere ihn verstehen. Wenn ich ihn gebrauche, schwingen da verschiedene Bewertungsmöglichkeiten mit, aber ich weiß nicht, ob die bei anderen auch mitschwingen.
vorgartenna klar. aber ich habe jetzt beim wort „virtuose“ nicht gesehen, warum man da widersprechen muss (bei „clown“ usw. ist das was anderes). wenn jemand improvisierend etwas sinnvolles auf drei instrumenten gleichzeitig hinbekommt, außerdem fortwährend zitate, stile, genres dekonstruiert und wieder zusammenbaut, und grundsätzlich immer mehr macht, als man von ihm erwartet, kann man ihn schon als virtuosen bezeichnen. ich deute kirks virtuosität politisch, das hatte ich schon mal angedeutet: als überdeutliche antwort auf eine gesellschaft, die ihm in mehrerer hinsicht potentiell nichts zutraut (als blindem, „tollen“ afroamerikaner). insofern finde ich es auch durchaus interessant, zu hören, wie kirk sich auch nach einer weiteren körperlichen beeinträchtigung treu geblieben ist (das von friedrich verlinkte spieldosen-stück).
Eine interessante Deutungsmöglichkeit. Ich erinnere mich, dass Du das schon weiter oben gepostet hattest. Sicher berief sich RRK demonstrativ auf Blackness bzw. in seiner Schreibweise: B-L-A-C-K-N-U-S-S.
Das Spieldosen-Stück ist toll! Auf seinem letzten Album Boogie-Woogie String Along For Real gibt es zwei Stücke mit Spieldose, einmal Summertime und einmal I Loves You Porgy, einmal mit Sax, einmal mit Mundharmonika. Und ja – erstaunlicherweise bleibt RRK sich selbst als von einem Schlaganfall Gezeichneter hier als Musikant treu. Da steckt gleichzeitig Tragik und Komik und ein tieferer Ernst drin und wenn sein Produzent Joel Dorn diese beiden eigentlich unscheinbaren, nicht mal zwei Minuten langen Stücke in die Best Of der Warner-Jahre mit aufnimmt, bin ich ganz bei ihm.
--
„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)