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gypsy tail windMusikant suggeriert meines Erachtens Spielfreude und -witz (was wiederum nicht Virtuosentum ist). Über das Clowneske hatten wir bezüglich Kirk auch schon einen nicht beilegbaren Dissens glaube ich, bin da auch sehr abgeneigt weil das etwas Herabsetzendes hat, das für mich mir dem Begriff des Musikanten eben auch nichts zu tun hat.
Das sind Feinheiten der Wortbedeutung. Musikant oder Musiker, wo ist das eigentlich der Unterschied? Wenn man das Wort Musikant googelt, findet man u.a. bei Wikipedia die Seite Spielmann, mit der Definition „Der Spielmann (Plural: Spielleute) oder Musikant ist ein Musizierender, der zu bestimmten Gelegenheiten zur Unterhaltung aufspielt.“ Also einer, der Musik zur Unterhaltung (und als Broterwerb) macht, nicht als Kunst. Ich glaube auch das Wort Klezmer wurde lange Zeit mit ähnlicher Bedeutung gebraucht. Klezmer als Kunstmusik ist wohl eher eine Interpretation der 1970er Jahre. Jetzt könnte man anfangen zu philosophieren, wo Unterhaltung aufhört und Kunst anfängt, aber das führt hier zu weit … Vielleicht ist Jazz als Kunst auch eine Interpretation ab den 1940 Jahren …
Insofern würde ich RRK zwar auch als Musikanten bezeichnen, ich finde das Wort in diesem Zusammenhang sogar sehr gut. Aber der Begriff wird ihm m.E. nicht in voller Gänze gerecht. Er ist auch Musikant, aber nicht nur.
gypsy tail windIch sehe Kirk lieber als eine Art komplettes, in sich geschlossenes Klanguniversum an; wie Ellington hat er seinen unverwechselbaren Sound geschaffen, aber ein Orchester braucht er dazu nicht.
Grübel … da ich mich gegenwärtig auch nach und nach durch Ellingtons The Blanton-Webster-Band durchhöre, würde ich das etwas anders bewerten. Ellington hat etwas sehr originäres, der hat etwas sehr eigenständiges geschaffen, einen eigenen Sound, eine Art von Komposition, Orchestrierung, der hat den Swing mit-erfunden und zum Höhepunkt entwickelt. Ein Grundpfeiler des Jazz. RRK hingegen hat sich alles genommen, was er in der Black Music finden und gebrauchen konnte und hat das weiterverarbeitet. Er war durchaus originell aber bei weitem nicht so grundlegend wie Ellington. Und abgeschlossen war sein Klanguniversum sicher nicht, sondern nach allen Seiten offen. Das ist Teil des Reizes davon.
Wir müssen hier meinetwegen keineswegs gleicher Meinung sein. ich schätze das Nebeneinanderstehen verschiedener Perspektiven auf die gleiche Sache hier sogar sehr. Ich deutete es weiter oben an: RRK bietet sicher viele verschiedene Perspektiven auf sein Werk an. Vielleicht gibt es gar nicht die eine einzige allgemeingültige.
Wieso bin ich hier eigentlich der RRK-Apologet? Ich habe doch nur eine paar Karteileichen in meinem Plattenregal nach langer Zeit mal wieder gehört und meinen Senf dazugegeben?
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)