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gypsy tail windDa werden wir uns eventuell mal wieder nicht einig, aber: Nach meinem Empfinden gab Kirk nie den Virtuosen. Er vibrierte mit Spielfreude, war ein toller Musikant (und „toll“ setzte ich da auch wegen älteren Bedeutungen). Aber das macht noch keinen Virtuosen.
soulpopeRahsaan Kirk war wohl kein Virtuose im herkömmlichen Sinn, hat aber sehr wohl als Teil des „Gesamtkunstwerks seiner selbst“ die eigenen nicht unbeträchtlichen spieltechnischen Fähigkeiten öfter zwecks (übertrieben-verzerrendem) „showing-off“ eingesetzt …. was isoliert betrachtet (auch) virtuos wirkte ….
Diesen Dissens können wir gerne stehen lassen, zumal ich glaube, dass wir uns dabei mehr um Begriffe streiten als um Inhalte.
Der Begriff toller Musikant ist aber ein bisschen was anderes. Der suggeriert tatsächlich den Musikclown. Ich denke, der Musikclown ist auch Teil der Wahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit. RRK schillerte in den verschiedensten Farben, schlüpfte von einer Rolle in die andere, so dass die Person dahinter nicht mehr auszumachen ist – falls es sie den überhaupt gab.
Wenn man sich diese Compilations anhört, wird das noch deutlicher. Je nachdem, wie sie zusammengestellt sind – und das hat etwas Kuratorisches – ergibt sich ein anderes Bild von RRK. Die Atlantic-Compilation Does Your House Have Lions klingt wie eine Collage. Die springt stilistisch und chronologisch hin und her – und so weit ich das erkennen kann, ganz bewusst und absichtlich. Man könnte das so interpretieren, dass RRK genau das gleiche getan hat und die Compi dieses Bild nur noch verstärkt. Man könnte auch andere Compis zusammenstellen, den Fokus woanders setzen und man bekäme ein völlig anderes Bild.
Aber das fängt an spitzfindig und haarspalterisch zu werden. RRK hat bei seiner Arbeit ja selbst den Fokus ständig verschoben. Vielleicht darf der Hörer das auch tun?
Noch mal als Empfehlung: Does Your House Have Lions
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)