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@ Ian
1. Empfehlung: von Adam Faith alles auf HMV und Top Rank plus die frühen Parlophone-Singles sowie die Beat-45s mit den Roulettes. So ungefähr. Er hat freilich auch später noch fantastische Singles gemacht. Meine Lieblings-45 von Faith ist „Cheryl's Goin' Home“ von '66 (besser als das Original!). Was LPs betrifft, so wäre „Beat Girl“ zu nennen, hauptsächlich wg. John Barrys Beiträgen. Alle anderen Faith-LPs sind eher durchwachsen, dasselbe gilt für die Compilations (selbst die erste „Greatest Hits“ von 1962).
Von Billy Fury dringend zu empfehlen sind die frühen Rock'n'Roll-Sides („Gonna Type A Letter“, „Don't Knock Upon My Door“, etc.), während die Balladen, auch die frühen, zwar erfolgreicher waren („Halfway To Paradise“, „Last Night Was Made For Love“, etc.), jedoch fast sämtlich sehr eindimensional arrangiert/orchestriert, manche gar seicht. Die Beat-Ära war nicht besonders freundlich zu Liverpools größtem Pionier, aber später machte Fury noch einige herausragende Singles wie „Hurtin' Is Loving“ von 1967 im Stil der besten Gene Pitney-Hits. In Sachen LPs ragen „The Sound Of Fury“ und „We Want Billy“ heraus, letztere live mit den Tornados! Wie bei Faith sind die Compilations nicht durchgängig gut.
2. Zu bekommen sind diese Platten nur im UK, entweder über „Record Collector“ oder ebay.uk oder in den dortigen Läden/Record Shows. Im Normalfall nicht einmal sehr teuer, sofern es sich um die großen Hits handelt. Allerdings gibt es von beiden Sängern auch ein Dutzend Singles, die unter € 100.- nicht mehr zu kriegen sind. Die LPs sind nur teuer, wenn es sich um Erstpressungen handelt. Spätere Editionen, die ab 1965/66 veröffentlicht wurden, sind noch relativ günstig zu bekommen.
Wie gesagt: nur im UK. Die UK-Popgeschichtsschreibung hierzulande beginnt ja, Cliff Richard ausgenommen, gewöhnlich erst mit den Beatles. Was natürlich Unfug ist. Und selbst in England leider langsam Standard wird, weil die Schreiber der Pop-Gazetten immer jünger werden und meist nur noch voneinander abschreiben. Was sollte ein 30- oder 40jähriger auch von der Musik verstehen, die vor seiner Zeit prekär und relevant war? Am Ende führt diese Art von verkürzter Wahrnehmung und ignoranter Begradigung nur dazu, daß immer dieselben 10-15 Bands beweihräuchert werden, wenn es etwa um die Würdigung der Sixties im UK geht (Beatles/Stones/Animals/Searchers/Manfred Mann/Kinks/Who/Walkers/Small Faces/Yardbirds/Hollies/Hendrix/Cream).
Die Spitze des Eisbergs, mehr nicht. Was sich darunter abspielte und für Auftrieb sorgte, wird nicht erwähnt, weil es nicht richtig gekannt wird. Und schon garnicht erlebt wurde.
Ich merke gerade, daß ich ein wenig abschweife. Sorry. Brücke zurück: Ohne die Kenntnis der Musik von Fury/Faith, etc und ihre Bedeutung in den Jahren von 1958 bis 1964 läßt sich auch die Brit-Pop-Historie danach schwerlich verstehen.
Eine lange, obschon nicht annähernd erschöpfende Antwort auf eine kurze, harmlose Frage. Viel Erfolg bei der Suche.
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