Re: Rammstein

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sonic-juice
Moderator

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@daniel Belsazar: Interessante Gedanken. Sicherlich sollte bei einer moralisch-politischen Bewertung der Rammstein-Ästhetik inklusive des besagten Videos der persönliche und soziale Hintergrund der Musiker nicht ausgeblendet werden – egal, ob man ihnen die fehlende Reflektiertheit, Gefahrbewusstheit oder Intellektualität nun vorwerfen oder eher als Entschuldigung anrechnen will. Erörternswert ist sicherlich auch, inwiefern Riefenstahl und ihr Werk in der DDR diskutiert, stigmatisiert bzw. tabuisiert wurden – bzw. überhaupt eine entsprechende Vergangenheitsaufarbeitung und -sensibilisierung dort stattfand (ich weiß es nicht). Oder inwiefern Kunstschaffende, die aus einem Umfeld kommen, welches das Leben im sozialistischen DDR-Regime in der Rückschau jedenfalls nicht fundamental ablehnt, die aber ansonsten eher subversiv und politikfern denken und arbeiten, überhaupt eine Notwendigkeit verspüren, die in Westdeutschland etablierten Kodizes und Tabuisierungen zu übernehmen.

Ich habe mir das Video aus Anlass der hiesigen Debatte übrigens nochmal angeschaut. Und mir scheint es eigentlich in der Gesamtschau keineswegs um ein ungebrochenes Abfeiern des Riefenstahl-Körperkults zu gehen: die Montage von Bild und Klang wirkt ja an vielen Stellen eher komisch oder verfremdend, etwa wenn die Deutschmädels possierlich im Takt zur Metal-Gitarre hüpfen. Unreflektiert und gedankenlos ist das sicherlich, auch effektheischend und provokationsfreudig, keineswegs clever, keine tolle Kunst. Kann mir allerdings vorstellen, dass ein Skandal in Deutschland nicht im vorrangigen Interesse der Musiker lag – gerade vor dem Hintergrund der Veröffentlichung des Albums „Music for the Masses“, das auf einen internationalen Markt zielte, auf dem Riefenstahl keineswegs überragendes Provokationsmaterial hat (man sehe sich etwa mal die User-Bewertungen ihrer Filme auf Amazon.UK an).

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