schöne Kritik aus der Intro:
SUBJEKT: Tocotronic? Wollen einen wohl fertig machen. Ist es tatsächlich zehn Jahre her, dass ›Digital Ist Besser‹ erschien? Mit dem Cover mit den anorektischen Jungs in den verdreckten casual Klamotten? In einer rausgerissenen Flugzeugsitzreihe lümmend? Wobei Arne bucklig und verlegen mit einer Hand und einer halb zwanghaften Geste an einer Haarsträhne am Kopf dreht? Aha, das war also vor einem Jahrzehnt. Hm, hat man von diesem herrlichen One-Hit-Wonder eigentlich zwischendurch mal wieder was gehört? Nee, oder? Einige Insider sagen, ja, die hätten im Windschatten von Bands wie Schwanensee, Saal 2 und der Nationalgalerie noch ein paar respektable Auftritte hingelegt. Wer’s glaubt …
OBJEKT: Okay, vielleicht habe ich den Einfluss von Tocotronic auf die Welt hier doch etwas unter Wert verkauft. Kann ja mal passieren. Persönlich bin ich sicher nicht nur der Meinung, dass die drei auf einen Output zurücksehen können, der trotz allem Umfangreichtum auch noch in der letzten Ecke bewundernswert ist, und dass man daher nicht schlecht beraten ist, jede Ecke dieser zehn Jahre auch zu kennen. Auch für Sammler unter Selbstaufgabe dürfte es schwer gewesen sein, jedes Video der Band zu sehen, gar zu besitzen. Okay, ›Let There Be Rock‹ kann man mit verbundenen Augen nachzeichnen. Aber gerade die hier auch vertretenen Videos Marke dritte Single eines Albums tun nicht nur rar, sondern sind es wirklich. Zum Beispiel ›So Jung Kommen Wir Nicht Mehr Zusammen‹ oder ›Tomorrow Will Be Like Today‹.
ORNAMENT: Einiges. Neben allen Videos gibt es noch special Features mit ein bisschen Live-Material, dem einen ›Top Of The Pops‹-Auftritt, einem Making-of zu ›K.O.O.K‹ u. a. Das Extra schlechthin ist aber sicher die Audio-CD mit allen Non-Album-Tracks. Das, was u. a. früher auf ihren Maxis mit drauf war. Und es geht hier um richtige Tocotronic-Songs, nicht um die zu oft wertfreie ABM-Nummer, sich alles noch mal remixen zu lassen. Nein, wer eine Platte wie ›Es Ist Egal, Aber‹ verehrt und sich nichts mehr wünscht, als dass sie noch drei Songs länger gehe, der trifft hier auf ›In Der Überzahl‹, ›Letzter Auf Der Bank‹ und ›Deine Party‹. Dereinst auf der ›Sie Wollen Uns Erzählen‹-Maxi. Und einfach essenziell. Durch Songs auf solchen Formaten, Sampler-Beiträge, Arne-Solo und Split-Singles läppert sich ein ganzes neues Tocotronic-Album zusammen, das man zwar schon kennen kann, viele es aber (zumindest nicht hinsichtlich jeden der 23 Tracks) sicher nicht tun. Mit so vielem. Mit: ›Ja‹, ›Hifi Science Fiction‹, ›The Weather Is Fine‹ oder auch dem Cover von Huahs ›10 Uhr Show‹. Und zu guter Letzt ist auch noch die allererste Single abspielbar. WAS BLEIBT: Und wenn ich jede andere Box und Zusammenstellung insgeheim für töricht, überflüssig und verspießt halten würde, diese hier ist es nicht. Diese hier kündet noch mal von der ganzen Großartigkeit, die die Band auch an den vermeintlichen Rändern zu versprühen in der Lage ist.
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