Re: Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs

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latho
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Im Vorwort des Buches heißt es auch:

Was irgendwelche tiefere Bedeutung oder „Botschaft“ betrifft, so gibt es nach der Absicht des Verfassers keine. Das Buch ist weder allegorisch noch aktuell.

Das kann Tolkien gerne reinschreiben, aber ob es stimmt, ist eine andere Frage.
Aber die Frage ob HdR nationalistisch ist (sicherlich nicht – welche Nation denn) oder faschistisch oder völkisch ist m. E. nur zu beantworten (wenn überhaupt), wenn man die Absichten von Tolkien genauer ansieht. Ich bin kein Experte, würde aber sagen, dass er a) ein Märchen/eine Sage schrieb/schreiben wollte (komisch: eine Untersuchung der sexistisch-völkischen Inhalte von Grimms Märchen findet nicht statt) und B) zu sehr verschrobener Konservativer war, als dass er überhaupt etwas mit modernem/aktuellen Inhalt schreiben wollte. Im Vorwort der englischen Ausgabe findet sich dann auch die Bemerkung, dass sein Buch sich, wenn überhaupt, nicht auf dem zweiten Weltkrieg, sondern auf die (wohl furchtbaren) Erlebnisse Tolkiens im ersten Weltkrieg bezieht. Tolkiens erklärtes Ziel war Fluchtliteratur.
Das ach so beliebte Spiel (im Gegensatz zur ernsthaften Textkritik) „Finde den Faschismus“ mit Auseinanderklauben von alten Texten und Hineinlesen von aktuellen Inhalten führt nur dazu, dass man in alles und jedem faschistische Elemente findet – der Spiegel schafft es ja jedesmal schlechte Bücher so zu kritisieren, dass die Bücher nicht einfach schlecht sondern gleich antisemitisch sind.
Tolkien schrieb meiner Meinung nach eine „neue“ Sage (also analog zur Edda, Nibelungenlied etc) und war als Mann des 19. Jhds sicherlich nicht frei von Chauvinismus, Rassismus und Demokratieskeptik. Und von daher ist es nicht überraschend, dass seine Sage im alten Stil (Schlachten! Könige! Frauen als Beiwerk und Geburtsmaschinen!) in jeder Beziehung „altertümlich“ wirkt. Aber das sollte doch jeder wissen, der sich Buch/Film antut. Man kann ja auch Homer schwer vorwerfen, dass sich seine Protagonisten die Köpfe einhauen (chauvinistisches Macho-Gehabe, vordemokratische Problemlösungsstrategien). Schriftsteller schreiben aus ihrer Zeit heraus.

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