Antwort auf: Das Piano-Trio im Jazz

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John Wright – The Last Amen | Als dritte nahm Wright für Prestige wie erwähnt ein Album mit dem (kaum bekannten) Tenorsaxophonisten Eddy „Cat-Eye“ Williams auf, „Makin‘ Out“, bei dem wieder Wendell Marshall mitwirkte, zudem Roy Brooks am Schlagzeug. Joe Goldberg schrieb erneut die Liner Notes und ordnet das Ergebnis ein als ein Abschied vom „Soul“ bzw. von der Kirche. Die Alben Nummer vier und fünf entstanden dann wieder im Trio, das vierte ist dieses hier, das aber erst 1965 entstand, während das letzte gleich 1962 erschien. „The Last Amen“ präsentiert Wright zurück in der Kirche, mit neuem Bassisten (Eugene Taylor) und altbekanntem Drummer (Walter McCants aus Chicago, auf dem ersten Album dabei). Das Repertoire ist allerdings standards-lastig: „Be My Love“ – mit Cocktail-Piano-Intro – ist von einem Les McCann (haha) gewidmeten Wright-Stück und dem Titelstück (auch von Wright) umrahmt, dann folgen auf Seite 1 noch „Stella By Starlight“ und „But Beautiful“, während Seite 2 mit „‚Deed I Do“ und „More „Than You Know“ beginnt, worauf mit „Sheba“ ein letztes, langes Wright-Stück folgt. Die Liner Notes schrieb John D. Monroe, der die Texte von Goldberg wohl gelesen hat, aber zugleich ignoriert: „The album begins with a tribute to the man who helped pave the way to commercial success for this style of piano playing. John’s original Les I Can’t, named for Les McCann is a good introduction to this kind of music. The gospel opener introduces the trio with a real hard swinger.“

Horace Parlan – Us Three | Und jetzt endlich das hier nachgeholt – hatte nicht aufgepasst beim Sortieren und nicht gesehen, dass das ja wie das erste Album auch schon von 1960 ist, bereits von April. Hier beginnt die Geschichte eines erstklassigen Trios auf Platte: Horace Parlan, George Tucker und Al Harewood. Die drei hatten gerade mit Lou Donaldson gespielt und auch aufgenommen („Midnight Sun“ kam verspätet heraus und listete dann fälschlich Ben Tucker am Bass). Der Bassist öffnet das Titelstück allein und es wird schnell klar, dass Mingus sein grosses Vorbild ist. Nach dem gezupften Teil greift er zum Bogen, wenn Parlan und Harewood, an den Besen, einsteigen. Dann setzt der Drummer ein schnelles Tempo und das modale Stück, das mit einem einzigen Akkord auskommt, setzt den Ton für das Album: beweglich und funky, soulful und doch sehr offen. Parlan fängt an, in in Drei zu spielen, schafft so eine Spannung, die er dann mit Block-Akkorden auflöst.

„I Want to Be Loved“ hatte Parlan noch daheim in Pittsburgh (wo er 1931 zur Welt kam) für Quartett mit Vibraphon arrangiert. Hier ist Tucker zunächst am Bogen zu hören und das ist ein kleines Detail, das zeigt, wie viel Liebe hier im Detail steckt – und wie schön Parlans Musik ist. Danach gibt es eine groovende Midtempo-Version von „Come Rain or Come Shine“ (das nahmen damals echt viele Pianisten auf) – mit toller Begleitung von Tucker, die da und dort an Mingus erinnert, während der Leader noch „Softly, as in a Morning Sunrise“ streift, zu Beginn seiner Block-Akkord-Passage, und später noch eine Passage spielt, die fast schon „Girl from Ipanema“ vorwegnimmt. Mit Parlans „Wadin'“ endet dann Teil 1, der ersten Version seines vielleicht erfolgreichsten Stückes, einer Art Blues-Adaption von Ellingtons „It Don’t Mean a Thing“, eröffnet mit einem Chorus Walking-Bass. Parlan spielt das Thema zweimal und steigt dann langsam in sein Solo aus, einfache Phrasen, die sie allmählich auseinander entwickeln und viel Raum lassen – auch für Kommentare und Reaktionen des Drummers, während Tucker in beeindruckender Weise durch das ganze Stück walkt.

Teil 2 beginnt mit „The Lady Is a Tramp“ – inspiriert von der Version des Stückes, die Carl Perkins 1956 für sein einziges Album aufgenommen hatte. Tucker wechselt hier – wie von Paul Chambers in Miles Davis‘ Gruppe bekannt – zwischen Zwei und Vier und spielt dann auch ein starkes Solo. Der Pianist streut zwischen einfache Phrasen immer wieder sich überstürzende Läufe ein, vielleicht auch ein Gruss aus den Fünfzigern, in denen verschiedene Pianisten unterwegs waren, die ihren Stil auf solchen Verdichtungen aufbauten (Marmarosa, Wallington, auch z.T. Freeman oder Joe Albany, den wir hier glaub ich noch gar nicht hatten? Trio hat er erst später gemacht, glaub ich, ich hab was aus den Siebzigern rausgelegt). „Walkin'“ aus dem Repertoire von Miles Davis wird zum funky Blues, Parlan nimmt das Tempo der ersten Einspielung von 1954 – und das ist perfekt für ihn, wie sein überragendes Solo beweist, in dem Tucker auch wieder mit einer hervorragenden Begleitung glänzt, bevor er seine zwei Chorusse spielt. Hareweood kommt hier auch zum Zug, spielt zunächst acht Takte zum Einstieg von ein paar Runden Fours. Das schliesst dann mit „Return Engagement“, dem letzten Parlan-Original. Drum-Intro und sofort swingt das los, um im Lauf des Stückes noch harter zu swingen, bis zu den Fours, die es hier wieder gibt. Der Titel verweist darauf, dass Alfred Lion den Pianisten wieder eingeladen hat, aufzunehmen – und nach diesem hart swingenden Abschluss dieser superben Session wurden die drei natürlich noch einige weitere Male angeheuert.

Das Trio nahm noch ein Album mit Congas (Ray Barretto) und vor allem mehrere Alben mit Stanley Turrentine auf, teils unter Parlans, teils unter Turrentines Namen, oft mit Tommy Turrentine an der Trompete, aber auch im Quartett oder im Quintett mit Grant Green, ebenso im Quintett mit Booker Ervin und Green, und dann ist da auch noch Dexter Gordons „Doin‘ Alright“ (mit Freddie Hubbard), ein weiterer Blue Note-Klassiker mit „Us Three“ als Erfolgsgarant. Als die Brüder dann zu Max Roach weiterzogen, taucht Parlan dort auch mal noch auf, auf dem einzigen Leader-Album von Tommy Turrentine auf Time, aber mit Bob Boswell und Max Roach natürlich – er ist da dann zu Gast mit dem Roach Quintett, zu dem auch noch Julian Priester gehörte.

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