Antwort auf: Das Piano-Trio im Jazz

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gypsy-tail-wind
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The Roy Haynes Trio – Just Us | 5. Juli 1960 bei Van Gelder, das nächste tolle, leider viel zu wenig bekannte Trio-Album: Für Prestige nimmt Drummer Roy Haynes sein zweites Trio-Album auf, mit Richard Wyands am Klavier und Eddie de Haas am Kontrabass. Los geht es mit Curtis Fullers „Down Home“, irgendwo zwischen Funk und Gospel, Hard Bop und Soul Jazz. Haynes spielt die Trommel ähnlich wie Vernel Fournier (aber mit einem Stick, glaub ich), im Wechsel mit Rim-Shots, Wyands wird funky und der 1930 auf Java geborene de Haas, der erst 1951 in den Niederlanden mit dem Bass anfing (davor Ukulele und dann Gitarre in Hawaii-Bands während der japanischen Besatzung) ist gleich zum ersten Mal solistisch zu hören und braucht sich vor den grossen Namen aus den USA nicht zu verstecken. Wyands hat einen tollen Touch, irgendwo zwischen Kelly, Jamal und den funky Leuten wie Gene Harris oder Ramsey Lewis. Er stammte aus Oakland, ist schon auf einzelnen Aufnahmen aus San Francisco zu hören, kam dann 1957 nach New York, nachdem er Ella Fitzgerald und Carmen McRae begleitet hatte. Am ehesten kennt man ihn neben diesem Album von seiner kurzen Zeit mit Mingus („Mingus at Wonderland“, aber auch mit Mingus hatte er in Kalifornien schon mal aufgenommen) und von den paar Alben, die er mit Oliver Nelson machte: „Sreamin‘ the Blues“ mit Eric Dolphy entstand wenige Wochen vor „Just Us“, auch schon mit Roy Haynes, auf „Nocturne“ von Nelson sind die beiden auch gemeinsam zu hören, jeweils mit George Duvivier am Bass, für „The Blues and the Abstract Truth“ holte man dann eins von Wyands Vorbildern ans Klavier, Bill Evans. Teddy Wilson liegt hier nahe, Tatum nannten damals eh alle, Nat Hentoff schreibt in den Liner Notes zu den dreien noch, dass Nat Cole, Bud Powell, Erroll Garner und George Shearing zu Wyands weiteren Vorbildern zählten – „and more recently, Red Garland and Bill Evans“. Mit einer Ballade kommt er ebenso gut klar wie mit schnellen Tempi. „Sweet and Lovely“ ist die Ballade auf der ersten Hälfte des Album, ein damals ziemlich populäres Stück, vermutlich von Monk 1952 in den Jazz eingeführt; Gerry Mulligan und Milt Jackson hatten es vor dieser Version schon eingespielt, Evans folgte ein halbes Jahr später. „As Long as There’s Music“ folgt, im schnellen Tempo mit flüssigem Piano, das wie schon im Opener eine perfekte Balance zwischen Funk und dem eleganten Wilson-Glow findet, während Haynes unglaublich toll begleitet und de Haas mit starkem Beat dabei ist. Der gönnt sich mit „Well Now“ dann ein kurzes Solo zum Abrunden der ersten Seite, punktiert von seinen beiden Sidemean – hier hört man exemplarisch seinen so eigenen Klang, sehr leicht, spitz, sehr präzise und dabei immer unglaublich agil, ständig in alle Richtungen ausblickend (und damit irgendwie eine spätere Generation vorankündigend: Tony Williams, Jack DeJohnette … oder irre ich mich da?). Bass und Drums starten „Cymbalism“, Haynes‘ zweites Original hier, einen sehr entspannten Blues, den laut Hentoff „Haynes and Wyands brewed at the date“. „Con Alma“ war laut Hentoff der Hit des Trios – die Version von Ray Bryant für Columbia entstand erst im November 1960, aber Oscar Peterson hatte es schon 1959 für sein „The Jazz Soul“-Album aufgenommen. Dass das eben wirklich eine Working Group ist, hört man überall, auch im abschliessenden „Speak Low“ – die Präzision und gleichzeitige Lockerheit macht der von Kelly/Chambers/Jones (oder Kelly/Chambers/Cobb) Konkurrenz. Hentoff zitiert Haynes: „What I need … is men who can play crisp and fast and also play slow with a feeling. In a trio, every man is exposed, and everybody has to be able to make it all the time“ – so ist das, und den drei hier gelingt das mit Lockerheit. Ein sehr tolles Album, nur knapp ausserhalb von Bestenlisten.

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