Antwort auf: Das Piano-Trio im Jazz

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gypsy-tail-wind
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Hampton Hawes – Bird Song | Nochmal 1956, Januar sogar – aber erst 1999 veröffentlicht: Hampton Hawes mit Paul Chambers und Larance Marable auf neun Stücken, dazu kommen drei, die angeblich mit Scott LaFaro und Frank Butler im März 1958 aufgenommen wurden – aber wie ich das im Kopf habe, stimmen diese Infos wohl nicht und nach LaFaro klingt das auch nicht wirklich – allerdings hab ich mir nie notiert, was @redbeansandrice dazu mal irgendwo hier geschrieben hat (vielleicht auch schon zweimal) – und die Suche hilft leider mal wieder nicht weiter. Die drei Stücke sind „What’s New“, „I’ll Remember April“ und „Blue ’n‘ Boogie“, #8, #10 und #12 der CD, was auch eine etwas seltsame Idee ist. Jedenfalls gibt es hier den sprudelnden jüngeren Hawes, überbordend in seinem „Blues for Jacque“, Charlie Parkers „Big Foot“ oder Thad Jones‘ Hommage an Parker, „Bird Song“ – und das schöne ist: dank Chambers ist das alles dunkel getönt, was von der Stimmung her schöner ist, als die drei Folgen „The Trio“, die ich ja auch gerne mag. Ein Highlight auch die ausufernde Version von „I Should Care“, in der ein eigentlich eng gehaltenes Arrangement durch aufsteigende, sich überschlagende Läufe aufgebrochen wird. Die CD war wohl nach „Mingus Three“ und zeitgleich mit „For Real!“ eine meiner ersten von Hawes, damals als Zweitausendeins den Vertrieb von Fantasy verlor und ich einige grosse Pakete mit jeweils ein paar Dutzend CDs für 2.99 bestellt hatte – und ich freue mich gerade sehr über das Wiederhören. Ein Nebeneffekt der letzten Tage ist auch, dass mir die Qualitäten von Paul Chambers‘ Spiel mal wieder sehr bewusst werden (so lange er nicht zum Bogen greift, und auch da gibt es Momente, die sich so eingebrannt haben, dass ich sie toll finde – aber eher mit Coltrane als im Trio).

Hampton Hawes – The Sermon | Nochmal Hawes, im November 1958 in den Contemporary Studios mit Leroy Vinnegar und Stan Levey und auch erst 1988 veröffentlicht. Ein paar Tage später ging Hawes ins Gefängnis. Verurteilt war er zu fünf Jahren. Es gibt Präsidenten, die am Fliessband Kriminelle begnadigen und es gibt Präsidenten, die einen Jazzmusiker nach der Hälfte der abgesessenen Strafe begnadigen, JFK in diesem Fall). Der Albumtitel ist kein Zufall, denn das Trio spielt Gospel-Klassiker und Kirchen-Hymnen: „Down by the Riverside“, „Just a Closer Walk with Thee“, „Swing Low, Sweet Chariot“, „Nobody Knows the Trouble I’ve Seen“ etc. Die einen Stücke werden druckvoll und mit Elan angegangen, andere eher ruhig. „Just a Closer Walk“ als Walking-Ballade ist zum Beispiel eine fast zärtliche Performance, aber mit tollen rhythmischen Akzenten. Vinnegar ist für so ein Album eine ganz hervorragende Wahl und Levey demonstriert immer wieder seine Meisterschaft mit den Besen. Hawes ist natürlich soulful und Hawes ist funky – aber das Album ist angesichts des Themas doch überraschend getragen und überaus geschmackvoll.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #168: Wadada & Friends - Neuheiten 2025 (Teil 2) - 9.12., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba