Antwort auf: Das Piano-Trio im Jazz

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gypsy-tail-wind
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Elmo Hope Trio – das 10″-Album auf Blue Note, das wie diverse dort unter dem Titel New Faces, New Sounds lief, bzw. Compilation von 1991, auf der auch das Quintett (Freeman Lee, Frank Foster und Art Blakey statt Philly Joe) sowie eine tolle Session aus Kalifornien (Stu Williamson, Harold Land, Leroy Vinnegar und Frank Butler, Oktober 1957) zu finden ist, war einst mein Einstieg, und ich finde das auch heute wieder eine tolle Aufnahme voller Twists: überraschende Rhythmen, insistierende Akkorde, eingängige Melodielinien … Hope war Jugendfreund von Bud Powell, die beiden hörten gemeinsam Musik und entwickelten parallel ihre in manchen Aspekten ähnlichen, in anderen unterschiedlichen Stile. Mir ist Hope vielleicht näher, bei dem ich immer irgendwie eine Art Verwandtschaft zu Herbie Nichols zu hören glaube, auch wenn Powell fraglos der wichtigere Pianist war und natürlich viele phänomenale Aufnahmen gemacht hat (gäbe es „Un poco loco“ auf einem nominierbaren 12″-Album, wäre dieses gesetzt).

Hope hat für sein Debut bis auf ein zwei Standards – „It’s a Lovely Day Today“ von Irving Berlin und „Sweet and Lovely“ (auch von Monk geschätzt) – alles selbst geschrieben, und da gibt es catchy Uptempos („Hot Sauce“), entspannte mittelschnelle Grooves („Happy Hour“), einen Schuss Exotica („Stars over Marakesh“, auch eine Art Mood-Piece), ein wenig Blues („Freffie“) – und das alles voller eingängiger aber eigenwilliger Melodien und obendrein von einer erstklassigen Rhythmusgruppe begleitet (ab 1949 oder so inkl. Hope die Rhythmusgruppe der Band von Joe Morris, zu der auch Johnny Griffin, George Freeman oder – zu einem anderen Zeitpunkt natürlich – Hasaan Ibn Ali gehörten).

Für das Prestige-Album Meditations (tolles Cover … von Bob Weinstock im UNO-Gebäude aufgenommen) spielt er mehr Standards (gleich nochmal „It’s a Lovely Day Today“ – die BN-Version erschien wohl erst auf der CD – , „All the Things You Are, „(I Don’t Stand) A Ghost o a Chance (with You“), „Falling in Love with Love“, „My Heart Stood Still“ und „I’m in the Mood for Love“), aber auch hier gibt es wieder diverse tolle Originals mit so knappen Titeln, wie sie melodisch oft verknappt sind (aber nicht besonders ähnlich mit Monk): „Quit It“, „Lucky Strike“, „Huh“, „Elmo’s Fire“ – und als Closer einen langen Blues, „Blue Mo“. Hier ist John Ore am Bass stark, aber nach der aktiven Rolle von Philly Joe Jones wirkt Willie Jones am Schlagzeug übermässig dezent. Dennoch ein schönes Album, und wenn man den Titel beim Wort nimmt – was kein Fehler ist, dünkt mich – liegt auch der Drummer nicht daneben.

Nach ein paar weiteren Alben mit Bläsern – der alte Freund Frank Foster, aber auch John Coltrane gehören zu ihnen – folgte der Umzug nach Kalifornien, wo Hope die letzten Jahre der Fünfziger verbrachte und nahm nach der schon erwähnten Session mit Land (und dessen „The Fox“, einem Album für die Insel) und zwei Trio-Stücken mit Curtis Counce und Frank Butler („The Countdown“ und ein Alternate Take davon, der als „Head Gear“ erschien, von den Sessions zu Counces „Exploring the Future“, grösstenteils im Quintett mit Harold Land und Rolf Ericson) im Februar 1959 Elmo Hope with Frank Butler and Jimmy Bond auf (ab 1970 mit dem Cover, auf dem Grossteil des Fotos von einem beigen Rahmen überklebt und noch ein „Trio“ eingefügt wurde). Auch das ein Album für die Insel, wie weiter oben schon zu lesen ist. Das Spiel hat eine Lässigkeit, in der nichts vom Eigensinn verloren ging, aber ein grosser Zuwachs an Souveränität und ja, geradezu eine Aufgeräumtheit zu hören ist. Einen einzigen Standard gibt’s mittendrin, „Like Someone in Love“, sonst sieben Originals. Und wenn ich „Barfly“ oder „Eejah“ höre, denke ich eigentlich nicht, dass Hope für Balladen unbedingt auf Standards hätte zurückgreifen müssen. Allerdings sind das nicht einfach Standards-Interpretationen sondern – wie bei Monk, wie beim einen Gershwin-Stück, das Nichols für Blue Note eingespielt hat – Einverleibungen, Aneingnungen. Hopes eigenes Material finde ich wirklich toll. Das Ergebnis ist – bei aller Verschrobenheit, bei allem Bittersüssen, das ihm immer wieder anhaftet – oft von enormer Schönheit. Und so toll wäre das alles nicht, wenn die Begleiter nicht jeden Moment auf der Höhe wären: ein satter Bass mit gutem Drive und ein Schlagzeug, das aus der Zurückhaltung in die Attacke geht und auch in ruhigeren Momenten sehr präsent ist, ständig den Beat zerlegt und das Geschehen kommentiert.

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