Antwort auf: Bill Evans

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gypsy-tail-wind
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Bill Evans Ephemera … er spielte 1954/55 in der Tanzband des Klarinettisten Jerry Wald. Schon davor hatte er schon einiges an Erfahrungen gemacht, z.B. in der Band von Herbie Fields und danach als Flötist in der Fifth Army Band in der Nähe von Chicago, wo er dann abends in die Jazzszene eintauchte. „Tops in Pops“ (beim MGM Sublabel Lion erschienen), eine 10″-Platte von Walds Band mit Arrangements von Al Cohn (er spielt auch etwas Sax in der Big Band) war die erste kommerzielle Aufnahme, bei der Evans mitwirkte, Teil einer Reihe names „Designed for Dancing“, und es gibt da ein paar Songs, die Evans später nie einspielte – aber das ist auch nicht weiter von Belang, denn er ist hier wirklich nur der Pianist in der Band, der hinter dem Leader ein paar sanfte Akzente setzt, wenn die Band grad mal nicht rifft. Sonst verschwindet das Klavier in der Rhythmusgruppe und spielt auch mal ein paar Basie „plink, plink“-Akkorde. 1955 war Evans für „Listen to the Music of Jerry Wald“ immer noch an Bord und da wirkten auch seine langjährigen Freunde Eddie Costa (vib) und Paul Motian (d) mit, dazu unbekannte Leute an Gitarre und Bass sowie ein Streichorchester. Die Klarinette von Jerry Wald (1918-1973) ist nicht bemerkenswert, er hat einen okayen Ton und spielt hübsche Melodien und das war’s auch schon. Seine erste Big Band stellte er Anfang der Vierziger zusammen, spielte in verschiedenen Hotels in New York oder Chicago (auch im Hotel Sherman, einem Ort, über den man ab und zu liest, wenn man Swing-Sessions verfolgt). 1942 erste Aufnahmen für Decca, ebenfalls welche für Majestic, Sonora und Columbia, ein Filmauftritt (1947 in „Little Miss Broadway“, eine Produktion von Columbia Pictures), und George T. Simon, der sich mit solchen Bands auskannte, meinte mal, Wald klinge wie Artie Shaw, „a comparison that Jerry often resented and about which Artie couldn’t have cared less“. Doch Shaw war das Vorbild von Wald, der auch ehemalige Shaw-Sidemen in seine Band holte, etwa den Trompeter Bernie Privin, Sid Weiss am Bass oder die Sängerin Anita Boyer. Nelson Riddle oder Ray Sims (tb), Bill Perkins (ts), Al Haig (p) oder Billy Bauer (g) gehörten alle mal zur Band von Wald. Manny Albam hat für ihn arrangiert, genau wie ehemals auch für Shaw tätige Leute wie Jerry Gray, Ray Conniff oder Bill Challis. Und wie Shaw stellte er in den späten Vierzigern eine Gruppe mit Streichern zusammen, beschränkte dafür die Bläser auf eine Trompete und ein Horn. 1952 nahm Chris Connor mit Wald ein paar Stück auf, und 1954/55 folgten dann die LPs auf der CD mit Evans, die auch noch vier Stücke von denselben Sessions 1955 enthält, die auf zwei Singles erschienen sind. Simon: Walds Band habe immer gut geklungen, „but distinctive, seldom“.

Von der zweiten LP mit Evans (bei Kapp erschienen) gab es tatsächlich mal ein Reissue in Japan, von dem Discogs einen guten Scan zu bieten hat:

Bill Evans zog danach weiter, nahm bei einer Session für das Album „A Message from Garcia“ des Gitarristen Dick Garcia Teil, spielte auf dem ersten Album von Lucy Reed (hörten wir, zumindest ich, hier auch, als wir Sängerinnen vertieften), es gibt dann auch Duos mit Don Elliott (informelle Sessions an zwei Klavieren), 1956 Alben mit George Russell („The Jazz Workshop“) und Tony Scott („The Touch of Tony Scott“) … und dann liess Evans sich von Orrin Keepnews überreden, endlich mal unter eigenem Namen aufzunehmen. Den Rest der Geschichte kennen wir … die Sessions mit Jerry Wald fügen sich besser zu den „Piano Moods“-Alben, die ich die Tage gerade hörte (klick) als zum kompromisslosen und (beim Wiederhören für mich, klick) überraschend harten, getriebenen Jazz von „New Jazz Conceptions“.

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