Antwort auf: 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

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atom
Moderator

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Schöner Text zu Bitches Brew. Obwohl ich ein paar Jazz-Alben kannte war das Album bei mir die echte Initialzündung für Jazz und fasziniert mich bis heute. Von dort ging es dann schrittweise in alle Richtungen. Du hast völlig recht: analytisches Hören ist hier sinnlos – man muss sich dem Klangrausch hingeben. Neben ein paar LP-Ausgaben besitze ich auch den Quadrophonie-Mix von 1971 für das SQ-Matrix-System von CBS. Teo Macero arbeitete dafür mit den Mehrspuraufnahmen und arrangierte die Musik so, dass die komplexen Klangschichten räumlich verteilt wurden – eine ziemliche Innovation für die damalige Zeit. Das SQ-Matrix-System erlaubte es, vier Kanäle auf zwei LP-Kanäle zu kodieren und so auf normalen Plattenspielern mit Quadrophonie-Decoder wiederzugeben. Dieser Mix wurde vor einigen Jahren als japanische SACD neu veröffentlicht, sodass man heute den originalen Quad-Mix in seiner ganzen räumlichen Dimension erleben kann. Ich selbst habe meine ursprüngliche LP Anfang der 90er in Köln gekauft, nachdem ich eine begeisterte Rezension in Sounds gelesen hatte. Den SACD-Mix höre ich bisher nur in Stereo, den Quad-Mix konnte ich bisher noch nicht hören, aber er reizt mich sehr.


Pierre Hoffer, Sounds 20 1970
Schon seit vielen Jahren kündigt sich an, daß Miles Davis weiterhin kreativ sein will und die Richtung einer Verschmelzung von Jazz-und Popelementen anstrebt. Doch all seine bisherigen Alben in dieser Richtung sind Flickwerk gewesen im Vergleich zu seinem neuesten Plattenopus BITCHES BREW. Was sich da vor allem in rhythmischer Hinsicht tut, könnte eine ganz neue Entwicklung in der Popmusik einleiten. Die rhythmische Vielschichtigkeit in Stücken wie „Bitches Brew“ oder „Pha-raoh’s Dance“ setzt Maßstäbe für die Musik der nächsten Jahre.
Insgesamt 12 Musiker hat Miles Davis auf den sechs Stücken dieses Doppelalbums (zwei davon nehmen jeweils eine Plattenseite ein) versammelt. Darunter sind vier elektrische Klaviere, vier Drums und zwei Bässe, die alle gleichzeitig spielen.
„Pharaoh’s Dance“, „Spanish Key“ und „Miles Runs The Voodoo Down“ sind Meisterwerke an Zusammenspiel und Solistik. Natürlich ist es in erster Linie Miles‘ Album, er bestreitet auch in erster Linie die Soli, aber neben ihm fühlen sich Wayne Shorter (Sopransaxofon), Benny Maupin (Baßklarinette) und John McLaughlin (Gitarre) zu großartigen solistischen Beiträgen angespornt.

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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...