Antwort auf: Die besten Prestige Alben

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friedrich

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Ich habe hier und im Post zur ersten Playlist links zu Videos und die Angabe das Albums ergänzt, von dem die jeweiligen Stücke stammen.

Highlights From The Prestige Records Story Part II

Gene Ammons – Canadian Sunset (1960, von Boss Tenor)
Gene Ammons war sicher der Musiker, der am häufigsten für Prestige aufgenommen hat und zwar von 1950 bis zu seinem Tod 1974. Und er passt auch in das Klischee der schnellen Aufnahme für schnelles Geld, musste er doch seine Drogenabhängigkeit finanzieren. Meines Wissens hat er sogar einmal mehrere Alben auf Vorrat aufgenommen, bevor er eine mehrjährige Haftstrafe antrat, die Prestige dann zeitversetzt veröffentlichte. Aber: Daneben gibt es auch einige sehr sorgfältig produzierte Alben. Eins davon ist Boss Tenor, von dem die Ballade Canadian Sunset stammt. Was klingt schöner als dieser kraftstrotzende Bär, der hier ganz zart spielt? Gleichzeitig spürt man, das er auch richtig zupacken kann. Und mit Ray Barretto an den Congas bekommt dieser kanadische Sonnenuntergang sogar einen Latin Touch.

Roland Kirk – Kirk’s Work (1961, von Kirk’s Work)
Der hier hat jedoch nur ein einziges mal für Prestige aufgenommen und zwar relativ früh in seiner Laufbahn. Der Musikant auf mehreren Blasinstrumenten gleichzeitig ist hier zu hören, geerdet durch die R&B-geschulte Hammond von Jack McDuff. Changiert schön zwischen Kunst, Varieté und Juke Joint.

Willis Jackson & Jack McDuff – This’ll Get To Ya (1960, von Together Again!)
Hier tauchen wir mitten in R&B und Soul Jazz ein. Ein scheinbar endlos langer(*) und langsamer Groove von Sax und Hammond. Afterhours Stimmung, entspannt, cool. Mehr Athmosphäre als Handlung. Der Kommentar im Booklet sagt, dass dieses Stück – erst 5 Jahre nach der Aufnahme veröffentlicht – zunächst fast unbemerkt blieb, dann aber von DJs gern spät in der Nacht gespielt und daraufhin ein Hit wurde. (*)Tatsächlich ist das Stück über 10 Minuten lang.

Sonny Criss – Smile (1967, von Portrait of Sonny Criss)
Smile ist eine Song von Charlie Chaplin (genau der!) aus dem Film Modern Times, der auch von Nat King Cole u.a. aufgenommen wurde. „Smile, though your heart is aching / Smile, even though it’s breaking …“ Irgendwie furchtbar naiv aber auch charmant und süß. Und so spielt Sonny Criss das Stück auch. Die unbegleitet gespielte Einleitung auf dem Altsax ist herrlich zart und trifft einen direkt ins Herz. Die Band setzt überhaupt erst bei 1:10 min ein.

Houston Person – Jamilah (1969, von Goodness!)
Nochmal mitten ins Herz von Soul Jazz. Das klingt sogar mehr wie ein Soul Instrumental mit einer sich ständig wiederholenden Melodie als wie ein Jazzstück. Ein echter Ohrwurm, schlicht aber effektiv. Kriegt man nicht mehr aus dem Kopf, bis es einem irgendwann auf die Nerven geht. ;-)

Gene Ammons – Jungle Strut (1969, von Brother Jug!)
Gene Ammons ist auf der Prestige-Box fünf mal vertreten, so oft wie kein anderer Künstler. Also darf er hier auch ein zweites mal auftauchen. Allerdings in ganz anderer Art als bei der Ballade Canadian Sunset. Jungle Strut ist Jazz Funk mit Hammond B3, E-Bass, Wah Wah-Gitarre und Bernard Purdie an den drums. Das schielt nicht nur auf den R&B-Markt, das springt mit beiden Füßen rein. War damals ein Hit – und ich habe das Stück auch auf 3 verschiedenen Compilations.

Charles Earland – More Today Than Yesterday (1969, von Black Talk!)
Zum Abschluss noch was leichtes. Eine entspannt swingend-groovende Coverversion eines damaligen One Hit-Wonders auf der Hammond B3 + Bläser und Gitarre, an den drums Idris Muhammad. In der LP-Version ist das Stück über 11-Minuten lang, aber diese Version steckte als 45er Single in den Juke Boxes und war ein Hit.

Was fehlt? Das meiste! Kein Sonny Rollins, kein Eric Dolphy, kein John Coltrane, kein Coleman Hawkins, kein George Benson, kein Dexter Gordon, kein … Das wäre genug Stoff für eine weitere Playlist. Aber wie gesagt: Solche Boxen haben Vor- und Nachteile.

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)