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GETZ/GILBERTO
getz, gilberto, gilberto, jobim, neto, banana, taylor, ramone (18. & 19.3.1963)
langsamer samba mit handbremse, dazu ein seufzer-reigen in verschiedenen erscheinungsformen: eine männerstimme auf portugiesisch, eine frauenstimme auf englisch, ein sparsames klavier, ein tenorsaxofon. in wellenform geht das hin und her, und das ist so aufgenommen, dass bei jedem einsatz gänsehaut erzeugt wird (grammy award für die aufnahme). ich habe nach wie vor schwierigkeiten, das album als jazz zu klassifizieren, es ist eher für den us-amerikanischen markt kommodifizierte popmusik aus rio mit saxofonbeiträgen. aber, whatever: eines der schönsten werke der musikgeschichte.
getz bedankt sich für den dritten weg (krawallig formuliert: zwischen blutarmut und chaos), den jobim/gilberto ihm seit ein paar jahren eröffnet hatten, und eigentlich ist dieses gipfeltreffen die kulmination wechselseitiger informiertheit zwischen den gesangsstimmen der beiden gilbertos und dem saxofonton von stan getz. produzent creed taylor, der ziemlich tief eingestiegen war in die musikkultur von rio de janeiro, war trotzdem skeptisch, nach dem mäßigen erfolg der vorgängeralbums mit bonfá, ließ erstaml die ipanema-single zum hit werden, bevor die aufnahmen im märz 1964, also knapp ein jahr später, erscheinen durften. in diesem monat putschte das militär in brasilien und die bossa nova lebte fortan im exil weiter.
ich habe das alles hunderte male gehört und mich hier an anderer stelle schon episch darüber ausgebreitet. aber die kleinen stolperakzente, mit denen milton banana ganz am ende des ipanema-songs auf figuren von getz reagiert, habe ich heute zum ersten mal entdeckt.
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