Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Enja Records › Antwort auf: Enja Records
Glenn Ferris Trio – Face Lift | Das dritte Enja-Album des Glenn Ferris Trio hatte ich hier schon vorgestellt, in der Zwischenzeit kam noch Nr. 2 dazu, aufgenommen am 29. Juni 1995 im Studio Daniel Deshays, Chatillon, Paris und von Horst Weber herausgebracht. Kammerjazz mit der Posaune des Leaders, dem Cello von Vincent Segal und dem Kontrabass von Bruno Rousselet. Schon im Opener „Memories“ vom Leader machen die drei klar, dass sie Swing und Groove beherrschen, riffen eng verzahnt durch unterschiedliche Teile, die Posaune wird phasenweise ziemlich vokal, klingt oft so perfekt intoniert wie eine Ventilposaune – ist es zumindest vom Foto aus dem Cover geschlossen ja eindeutig nicht, sondern einfach ein technisch enorm versierter Musiker. Ferris hat selbst die Liner Notes geschrieben, auch um die Fragen nach dem „Why and How“ des speziell besetzten Trios zu beantworten, die ihm immer wieder gestellt würden. Er möge halt die zwei Instrumente Cello und Kontrabass schon lange, ihre holzigen Timbres und so – „I think wood when I sing trombone“. Über Segal sagt er: „I really appreciate his sense of rhythm and nuance and his ability to transpose the technique and language coming from the classical european tradition to the music of african cultures, south american cultures and jazz.“ – Im Gegensatz zu den Worten über Rousselet („solid sense of tempo, of swing, his deep jazz feeling, the generous sound of his double bass“) liegen in den Sätzen über Segal wirklich Schlüssel zum besseren Verständnis dieses Trios, das eben nicht nur Jazz mit etwas klassischem Einschlag (wie man ihn von Modern Jazz Quartet oder einigen Experimenten aus West Coast Jazz oder Third Stream kennt) sondern verbinden Grooves und Stimmungen, Texturen und Rhythmen aus anderen Musiken mit denen des Jazz. Afrikanische Anleihen kann ich tatsächlich oft heraushören … es gibt aber auch rein jazzige Stücke wie den tollen „Blues Nouk“, in dem das Cello gekonnt eine dritte Stimme zwischen den Lead der Posaune und die Linien des Basses einpflegt. Ferris listet auch noch die „Sieben Aphorismen des Glenn Ferris Trio“ auf und die Essenz davon ist, dass die drei Instrumente zu einem Sound verschmelzen sollen; dass die Musik voll von „dynamics, nuance and space“ ist; dass Melodie, Harmonie und Rhythmus von den dreien geteilt wird; dass das Repertoire die eigenen Erfahrungen und Einflüsse transzendieren soll, wobei „feeling as our foundation“ fungiere und ein Gleichgewicht zwischen Soli und Geschriebenem hergestellt werde … und: „That the essence of this synthesis, take its breath from the jazz syntax.“ – Das beschriebt das Trio tatsächlich sehr gut, finde ich. Weil der Fokus nicht allein auf den Improvisationen liegt und die drei so eng vernetzt agieren, sind viele Stücke kurz gehalten, von den zehn hier stammen acht von Ferris selbst (für „When the Night Turns Into Day“ hat Jeffery Smith – eine meiner Entdeckungen aus unserer Vocal-Jazz-Strecke – einen Text geschrieben und das Stück auf seinem Verve-Album mit dem Trio von Shirley Horn aufgenommen, bloss einige Tage vor der Ferris-Version, nämlich vom 9.-11. Juni 1995 im Studio Acousti in Paris). Die zwei Fremdkompositionen sind „Spring Can Really Hang You Up the Most“ (mit einer tollen neuen Gegenmelodie vom Cello) und „Creole Blues“ von Duke Ellington (ein Auszug aus der „Creole Rhapsody“).
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #166: First Visit: Live-Dokumente aus dem Archiv von ezz-thetics/Hat Hut Records - 14.10., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba