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Amina Claudine Myers – Solace of the Mind
Zwar freut es mich, dass „Solace of the Mind“ vor Pulp bei uns Album des Monats geworden ist, und natürlich habe ich die Gelegenheit genutzt, es mir anzuhören. Aber vielleicht ist diese Nische hier der richtige Ort, um eine kleine Antithese zu formulieren, ohne den Liebhabern in die Suppe zu spucken. Generell mag ich kontemplative, nachdenkliche und schwelgerische Musik, Keith Jarretts Solowerke kenne ich zum Teil und bin mit ihnen aufgewachsen, aber hier scheint es mir, als sei man sich schon vorher einig gewesen, dass es schon toll sein muss, wenn eine so tolle Musikerin ein persönliches Album einspielt, dass so innig, persönlich und alles ist.
Was mir als Erstes auffiel: Trillerkaskaden als Klangfläche. Funktioniert bei mir null. Auch nicht in romantischen Stücken, auch nicht in Klavierauszügen von Sinfonien, wo flächige Steigerungen mit Trillerwellen illustriert werden. Selbst dann nicht, wenn Gustav Mahler seine Fünfte auf dem Klavier spielt. Wenn schon Flächigkeit, dann eher so wie Maurice Ravel zur Blütezeit des Impressionismus es in „Miroirs“ vorgemacht hatte, um nur ein Beispiel zu nennen.
Nun kann man sagen, die Stücke seien vielleicht improvisiert, aber mir scheinen sie ingesamt doch eher harmlos zu sein, sie spüren nach, okay, sie berichten von Zuständen, vielleicht, sie spiegeln Sentimentalität, kann gut sein, aber aus meiner Sicht bleibt die Tonalität merkwürdig naiv. Ich habe es schon häufiger erlebt, dass Pianisten zu Improvisationen Aufnahmen machen. Das kann aussehen wie bei Herbie Hancock, bei Geri Allen, bei Keith Jarrett – aber nur, weil etwas improvisiert ist, muss es nicht gleich heiliggesprochen werden. Das Stück, was John Lee Hooker gewidmet ist, finde ich erschreckend harmlos. Vielleicht kennen sich die beiden seit der Kindheit? Vielleicht verbindet beide eine respektvolle Freundschaft? Vielleicht mehr? Nun muss nicht alles wild und gefährlich sein, aber ich hätte dennoch lieber ein Stück für Howlin‘ Wolf gehört.
Manches kommt mir sehr unschuldig vor, ohne innere Bereitschaft läuft da gar nichts beim Zuhören, und es kann gut sein, dass mir da wichtige Rezeptoren fehlen. Andocken tut da jedenfalls recht wenig. Myers bleibt in einem temperierten Rahmen, der Zugänglichkeit über Experiment stellt. Noch habe ich nichts weiter gehört als dieses Album, aber Myers‘ Bedeutung sehe ich bislang in der institutionellen Verankerung, nicht in der musikalischen Innovation. Vielleicht hat jemand ja Anspieltipps?
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Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.