Antwort auf: 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

#12512007  | PERMALINK

vorgarten

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50

EASTERN SOUNDS
lateef, harris, farrow, humphries, edwards, van gelder (5.9.1961)

ein klassiker hier in diesem forum, ein in seiner geste und geschlossenheit außergewöhnliches album, das sich nicht auf „frühe weltmusik“ reduzieren lässt, denn das machte lateef vor diesen aufnahmen schon jahrelang. ein in ein samtiges dunkel eingehülltes stimmungswerk, einfache strukturen eigentlich, über bluesige kanten gelegt, mit ein paar asiatischen instrumentenklangfarben und zwei aus sandalenfilmen ausgeborgten themen. die stimmung ist weder leicht noch hektisch, manche erwähnen den detroitbezug von lateef, harris und farrow als erklärung für die dunkle eleganz dieses bandsounds, der vielfach auf john coltrane verweist: „india“ live im village vanguard hat auch eine oboe, hier spielt der halbbruder seiner späteren frau ein instrument namens rubab (hier „rabat“ genannt), und der rollende groove auf „snafu“ ist von elvin jones abgelauscht. die gravitas von lateef kommt durch das unforcierte modellieren von manchmal nur wenigen tönen, nicht nur im opener, den er mit seiner tonreduzierten und tatsächlich aus ton gemachten chinesischen flöte bestreitet, es gelingt ihm auch auf der fast stillstehenden ballade „purple flower“ ganz herkömmlich mit tenorsaxofon. barry harris verzichtet auch auf horizontales ausbreiten von linien, schichtet dafür türme aus ambivalenten akkorden hinzu, die wie im moment und im austausch überlegt erscheinen. interessant auch der filmbezug, die filmthemen natürlich, aber auch die soundtrackaffine mood-arbeit, die dunkle straßen, glitzernde effekte, interessant kadrierten stillstand evozieren. van gelder hat großen anteil daran, die musik scheint ein bisschen zu schweben, die drums klingen unglaublich gut, selbst barry harris findet sich in der wüste zurecht. es liegt etwas in der luft hier, ideen, die viele musiker*innen damals interessierten, wie man linerare bewegungen beschränkt und alles in die tiefe staffelt, die hektik herausnimmt und und andere welten durch die urbanen tonstudios wehen lässt. eine durchgelüftete musik, die genau weiß, wo sie steht.

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