Startseite › Foren › Kulturgut › Für Cineasten: die Filme-Diskussion › Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II) › Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)
Gestern gab es Kurzfilme von Agnès Varda: Ô saisons, ô châteaux, eine eigenwillige Dokumentation über die Loire-Schlösser von 1957 mit Musik von André Hodeir und der Jazz groupe de Paris. Auf der Tonspur werden auch Gedichte gelesen, dazu kommen Geschichten über Schlossherren, die Verwalter, Erzählungen über den Bau, den Zweck der Anlagen … und ein paar Mannequins bewegen sich durch einzelne Einstellungen, an einem Punkt werden sie quasi als Re-Enacterinnen der alten Burgfräulein eingebunden, aber das spielt alles keine Rolle.
Du côté de la côte über den Tourismus an der frz. Côte d’Azur aus dem Jahr 1958 – eher noch verspielter und auch etwas abgründiger. Es geht um Mode (alle tragen blau, ausser die Engländerinnen tragen, was sie wollen und die Deutschen tragen grün), um Camping, ums Herumliegen am Strand, um Bäume und Pflanzen, um Hotels und Kaps – und um die Friedhöfe. Und natürlich ist das alles noch fast leer, im Vergleich zu heute. („La cocotte d’azur“ fehlt leider so weit ich sehen kann in der grossen Varda-Box – so weit ich verstehe wurde dort um die 10 Minuten Ausschussmaterial zusammenmontiert?)
Danach der kurze Spielfilm L’opéra-mouffe über die Bewohnerinnen und Clochards an der Rue Mouffetard in Paris. Eher ein Essai eigentlich als ein Spielfilm – Genregrenzen spielen bei Varda schon hier eine unbedeutende Rolle. Die Kamera machte Sacha Verny (im Erstling machte Resnais den Schnitt und war, wie Varda im Bonusmaterial berichtet, nicht unwichtig fürs Entstehen und auch fürs Festhalten am ursprünglichen Plan, den Varda selbst nach dem stummen Dreh zwischen Schnitt und Nachsynchronisation vielleicht verworfen hätte).
Musik für die zwei Filme übrigens Georges Delerue … die Autodidaktin war sehr schnell sehr gut vernetzt. Das sieht man auch am kleinen Einspieler für „Cléo de 5 à 7“, den ich auch noch guckte – inkl. Kurzdoku mit Varda dazu: Les Fiancés du pont Mac Donald ou (Méfiez-vous des lunettes noires) (1961), ein dreiminütiger Stummfilm mit Anna Karina und Jean-Luc Godard in den Hauptrollen, Jean-Claude Brialy, Sami Frey, Danielle Delorme, Eddie Constantine usw. im restlichen Cast, und das alles über eine rasante Klavierimprovisation von Michel Legrand – der ja auch in Cléo mitspielt. Und der ist natürlich heute Abend an der Reihe … aus dem Bonusmaterial der DVD guckte ich auch schon eine Fahrt mit Motorrädern auf den Spuren von Cléo, in 17 Minuten dauerte das (inkl. Fahrt auf dem Trottoir – gedreht wurde wohl am frühen Morgen, kurz nach Sonnenaufgang), wurde dann in der Postproduktion ins doppelte Tempo gebracht und mit den entsprechenden Szenen aus dem Film angereichert.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba