Antwort auf: 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

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vorgarten

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NIGHT TRAIN
peterson, brown, thipgen, granz, valentin (15. & 16.12.1962)

was swing mit gleichmaß zu tun haben könnte – darüber habe ich bisher auch noch nicht nachgedacht. hier ist mit der musik programmatisch eine fahrende maschine verbunden, die über schienen rattert, deren räder sich gleichmäßig bewegen, und die in gleichen abständen dampf aus dem kessel stößt. in der vaterfigur des schlafwagenschaffners, in der bilder typischer afromaerikanischer (oder afro-kanadischer) berufswege gebunden sind, sind gleichmäßige bewegung und der blues der heimatlosigkeit (oder mobilität) geborgen, und der effekt kann ein hypnotischer bewegter stillstand sein. das nietenbesetzte ridebecken gibt den dampf, der walking bass das rollende rad, die schlagzeugbesen markieren die schienenlücken, die die bewegung punktieren. petersons linien arbeiten auch mit gleichmaßen, mit hypnotischen figuren und gleichen notenlängen. aber es gibt auch momente des übersprudelns, die nicht so wirksam wären, würden sie sich nicht aus den schienen bewegen. eine maschine mit leichten schwankungen, kurzen druckabfällen, momenten des gleitens und mühsamen anstiegen. auch die instrumente sind eigenartig gleichmäßig aufgenommen, staffeln sich nicht in den raum, stehen gleichberechtig im engen maschinenraum. und auf den kurzen stops werden die ergebnisse in nächtliche jukeboxes abgeworfen, um wieder andere maschinen anzutreiben. eine schöne pointe bietet das ende, als bei der „hymn to freedom“ zumindest im intro die maschine plötzlich stillsteht und der vater mit dem bürgerrechtler überblendet wird.

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