Antwort auf: 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

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vorgarten

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CONCERT BY THE SEA
garner, calhoun, best, avakian/glaser, thornbury (19.9.1955)

ein erstes hit-album des jazz mit verrückter vorgeschichte und nur einem mikrofon aufgenommen, so entstehen mythen. dem carmel concert (ob jarrett das oft gehört hat?) gelang das crossover, zu dem wahrscheinlich auch das attraktive cover beigetragen hat, vielleicht auch das weiße foto-model, das man 60 jahre später bei der 3-cd-ausgabe (von geri allen co-produziert) durch ein schwarzes ausgetauscht hat. eine tin pan alley rezital, mit etwas bebop und mambo, das ich interessanterweise zwischendurch als soloauftritt abgespeichert hatte, tatsächlich sind calhoun und best „nur“ funktionale begleitung, die show spielt sich zwischen zwei händen ab. schon verrückt, dass einen das immer noch wegfegt, es sind so viele ideen, so viele wechsel in dynamik und stimmung (und sound), so eine liebe für das charmante material, so viel enthusiasmus. nichts ist so recht generisch, man kann auch nicht von einer masche sprechen, denn mal akzentuiert die linke hand ganz regelmäßig in stride-manier den rythmus, mal hämmert sie irre synkopen ins geschehen, mal kreiselt die rechte hand virtuos um die melodielinie, mal hält sie einfach einen einzelton über mehrere takte aus. ein nicht klassisch geschulter komplett-ansatz, bei dem man sich heraushören kann, was man möchte. die bettlägerigen koreakrieg-veteranen, für die diese aufnahme gemacht wurde, bekamen hier als kopfkino einen wellenbrechenden ozean vorgesetzt. aber erroll garner tritt hier nich als naturgewalt auf, sondern als stilist, und die sophistication würde sich hier eher im farbspiel eines einzelnen schaumtropfens widerspiegeln.

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