Antwort auf: 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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wahr

vorgarten

das weißt du vielleicht mehr über den mythos als ich, mir war LANQUIDITY zu einer zeit begegnet, als ich einfach alles von sun ra aufgesogen habe, ohne tipps oder hintergrundwissen, und es ist bis heute mein lieblingsalbum geblieben, das ich auch unbedingt für diese liste nominiert hätte. mit den teuren erstpressungen ist das ja bei sun ra eine spezielle sache, hier z.b hat man schnell irgendwas für den verkauf beim nächsten konzert gepresst, in minderwertiger qualität, davon gibt es heute nur noch wenige, deshalb überteuerte exemplare, aber wenn es einem um die musik geht, braucht man die nachpressung oder ein remaster, das mit ruhe und geld nochmal mehr aus den originalbändern herausholt als die schnellschüsse von damals.
weshalb mir – und vielleicht anderen auch – dieses album so gut gefällt, hat weniger mit den funk- oder elektronik-anteilen zu tun (da war sun ra ja immer schon sehr weit, hier beschränkt er sich ja fast ausschließlich auf ein 1978 nicht sonderlich spektakuläres e-piano, das er aber eigenwillig einsetzt), als mit der produktion, dem aufgeräumten klangbild, der album-haftigkeit (kein live-dokument, kein happening): irgendwie ist alles da, was das besondere, außerweltliche an seinem musikkonzept ausmacht, aber es kommt hier in der form einer traum-haften atmosphäre, mit etwas groove, ein paar hamonischen texturen und sehr schönen kurzen soli (…). alles nicht sehr spektakulär, aber am ende ein album wie kein anderes.

Als Freund langsamer Musik kann ich vorgarten nur zustimmen. Die Stimmung auf Lanquidity ist erhaben und von großer Gelassenheit. Ich kannte vom Album lange Zeit nur ein einziges Stück, nämlich das hypnotische „Where Pathways Meet“ (vom Sampler Brotherhood auf Luv’N’Haight) und war dann sehr erfreut über ein CD-Reissue von Lanquidity. Eines der Alben, wie etwa auch Lonnie Listen Smiths Expansions, die mir meine Furcht vor Fusion nahmen. Insofern für mich auch etwas sehr Besonderes.

Niemand hat die Absicht, Lanquidity schlecht zu machen oder jemandem die Freude daran zu nehmen! ;-)

Ich habe Lanquidity schon lange, aber auch lange nicht mehr gehört. Anlässlich der Erwähnung hier habe ich mal ein bisschen recherchiert und festgestellt, dass das Album oft nicht nur hoch gelobt, sondern im gleichen Atemzug teilweise irreführend beschrieben wird. „Meilenstein des Fusion“ oder eben „Funk from outer space“. Das liest sich spektakulär, die Musik ist aber gar nicht so spektakulär. Da passen in meinen Ohren Zuschreibungen und Hörerlebnis nicht so recht zusammen. Dass Lanquidity ultra rare ist bzw. war, wird auch ganz gerne mal betont – obwohl das tatsächlich für viele Sun Ra-Aufnahmen gilt. Das irritiert und gegen so einen Hype hat es jede Musik schwer. Aber das alles mindert natürlich nicht die Qualität von Lanquidity, die aber nicht im Sensationellen und Spektakulären liegt sondern eher in der „Erhabenheit und Gelassenheit“.

Man kann danach übrigens sehr schön gelassen mit Sun Ras Sleeping Beauty von 1979 weiterhören.

Furcht vor Fusion ist oft unbegründet, wahr. Wobei ich Lanquidity aber auch nur bedingt dort einordnen würde.

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)