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WALTZ FOR DEBBY
evans, la faro, motian, keepnews, jones (25.6.1961)
auch das ein perfektes album, wie es sich aus dem mittagsschlaf schält, ein bisschen tanzt und die muskeln dehnt, dann einen kleinen umweg nimmt, dann endlich wach ist und auch mal holz auf ridebecken zu hören sind, die vorarbeit zu KIND OF BLUE reappropriert wird („some other time“), bevor das gebaute set mit „milestones“ ausfedert und in die vorgestellte pause geht. ein schöner kleiner new-york-spaziergang, während die musik läuft, unterhalten sich einige, manche sind erkältet im juni, niesen und husten, oder sie sind allergisch, weil ein bisschen staub aufgewirbelt wird. am ende lacht einer, weil la faro nicht aufhören kann zu spielen.
und dann hörte er auf zu spielen. de facto sieht ihn bill evans an diesem aufnahmetag im village vanguard zum letzten mal. die herausbringung der beiden alben aus dem vanguard waren trauerarbeit, während so einige instrumente in new york für einige zeit nicht mehr angefasst wurden (das von evans z.b., aber auch das des gleichaltrigen kollegen charlie haden). nicht nur deswegen kann man nicht anders, als auf den bassisten zu hören. mit dem an klarinetten und saxofonen geschulten ohren spielt er melodiefragmente zum klavier dazu, wechselt aber immer jäh wieder in die bass-grundierung, betont sie aber nicht selten da, wo man sie eigentlich nicht erwartet. bill evans ist aus unzähligen trio-aufnahmen vertrauter, aber mir immer wieder ein rätsel: die pausen, das beschleunigte zurückfinden, wie um was einzuholen, was ihm beinahe enteilt wäre, die attacke, abgelöst vom stillen nachdenken. und dann überhört man fast den idiosynkratischen swing des drummers, der das alles, was er hier macht, später noch weiterentwickeln wird. heute höre ich überdeutlich, was z.b. gary peacock von la faro gelernt hat, aber auch richard davis vorhin. mal schauen, welche zusammenhänge sich beim anderen album mit dem material vom gleichen tag ergeben, das ja auch noch kommt.
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