Antwort auf: 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

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gypsy-tail-wind
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Bei Ayler war’s die Plattenhändlerin des legendären Jazz-Plattenladens der Stadt (Nina’s Jazz & Blues), die mich auf die richtige Spur brachte … ich glaub „Summertime“ lief dort mal, als ich rein kam und ich hab dann mal meinen ganzen Mut zusammengenommen und später danach gefragt und sie hat mir ein bisschen was zu Ayler und dem Album erzählt. Gekauft hab ich’s dann erst etwas später, weil ich mein kleines Budget damals fast immer schon verplant hatte, bevor ich in den Plattenladen bin …

Ornette hat heute vor 66 Jahren „The Shape of Jazz to Come“ aufgenommen. Das und „Change of the Century“ waren dort mein Einstieg, später noch „Free Jazz“ (fand ich lange recht unzugänglich, aber auch irgendwie langweilig, so ein ständiges gleichmässiges Gedudel wie bei einer Dixie-Kapelle) und von da ging es dann direkt zur Atlantic-Box – und da war ich dann endgültig verliebt in das Quartett (in allen Variationen, Higgins oder Blackwell und auch mit Garrison und LaFaro und dem Boss am Tenorsax), und „Free Jazz“ konnte ich mit der Zeit auch mehr schätzen.

Ist wohl schon so, dass der Einstieg über die „harten Brocken“ nicht immer der beste ist … „Machine Gun“ bei Brötzmann oder „One Too Many Salty Swift and Not Goodbye“ bei Cecil Taylor hätte bei mir als Einstieg beides bestimmt gar nicht funktioniert (bei Ayler war’s der Brown Bag-LP-Twofer mit dem Transition-Album plus „Love for Sale“, bei Brötzmann war es glaub ich „The Rat Dried Dog“, das Duo-Album mit Hamid Drake, und dann ein Radio-Mitschnitt von Sonore, dem Sax/Reeds-Trio mit Gustafsson und Vandermark – aber bei Brötzmann hatte ich es nicht eilig, so richtig entdeckt habe ich den erst in den Zehnerjahren, 2011 das Chicago Tentet im Konzert, dann 2016 die Reise nach Warschau … davor schon mal ein Gig mit Pliakas/Wertmüller glaub ich?).

Das Toussaint-Album ist schon sehr schön, aber brav finde ich es auch … und das hat auch nicht mit fehlenden Ausbrüchen zu tun (im Gegenteil, da finde ich das subkutane Gegenarbeiten von Ribot und Byron die viel bessere Idee) sondern für mein Empfinden wirklich mit dem Gesamtgefüge. Da ist *alles* zu brav: die Arrangements, die Phrasierung, das überperfekte Zusammenspiel … und vielleicht leuchtete mir auch deshalb – bisschen viel mimicry und so, Selbstzelebration fürs Feuilleton – die Frage nach dem nationalistischen Unterton irgendwie ein.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba