Antwort auf: 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

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vorgarten

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THE SERMON!
smith, burrell, bailey, donaldson, brooks, blakey, coleman, mcfadden, lion, van gelder (25.8.1957/ 25.2.1958)

„top manual (lead lines): 888000000 drawbar setting, no percussion, C2 vibrato. the leslie is set to single speed (no chorale), and the key click and overdrive from the amp are prominent. bottom manual (walking bass and comping): 838000000 drawbar setting.“ was hier jemand für wiki aufgeschrieben hat, ist fast schon neusachliche poesie. ähnliches könnte man wahrscheinlich für van gelders aufnahmetechnik aufdröseln. eine sache der voreinstellungen.

die musik, die sich im voreingestellten rahmen ereignet, ist denkbar unspektakulär, ein einfacher blues, ein etwas schnellerer hardbop-groove, eine ballade. smith tritt hier nicht als akrobat auf, nicht als schnellspieler, nicht als höhepunktsucher. eine subtile folge von effekten ertönt aus den voreinstellungen, manches schnarrt mit, einiges verzerrt, in „JOS“ wirft er störakkorde hinein, um einen wechsel in der solofolge einzuleiten. aber alles ist von großer zurückhaltung. im sound schweben zwei unterschiedliche gitarre-drums-tandems mit, blakey shuffelt 20 minuten mit kaum merkbaren verdichtungen, stolpert in der ballade in double time hinein und wieder heraus, donald bailey swingt mit ungewöhnlichen akzenten, aber ebenso gleichförmig. in den vielen soli scheint nicht wichtig, was gespielt wird, es geht um sound und verzahnung mit oder emanzipation von der basis, kleine herausforderungen vielleicht (mcfaddens zu-schnell-spiel, morgans kleine provokationen der drums, brooks dezent modernistische sinnsuche), aber auch unendliche gelassenheit. die eigentlich wichtigen absprachen sind die zwischen verstärker und mikrofonen. leichte schwankungen, kurze übersteuerungen, ganz kurze wege zwischen effekt und ohr. etwas versetzt spielt eine melancholisch-schöne trompete in die nacht und wird dabei vom basspedal angerempelt. keine erschütterung der welt – quintessenz.

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