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vielen dank, an die konzertbesprechung erinnere ich mich… ich kenne die alle nicht, höre sofort, was das für gute musiker sind (bzw. waren), aber OM WITH… wirkt natürlich über den gruppensound und nicht die einzelstimmen, obwohl die soli auch nicht beliebig aufgebaut sind und sich sehr gut bewegen. gar nicht spektakulär insgesamt, aber total stimmig.
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TAUHID
sanders, burrell, sharrock, grimes, blank, betts, thiele, van gelder (15.11.1966)
das ist natürlich musikalische heimat für mich und deshalb schwer zu beschreiben. eigentlich mein liebstes impulse-album von ihm, aber auch total uneinheitlich, in vielem vielleicht nur vorstudie. mich verblüfft das immer wieder, weil sanders bei den aufnahmen ja noch in der coltrane-band war (temple university war 4 tage später), morgens dabei noch mit cherry WHERE IS BROOKLYN aufgenommen hatte. seine stimme changierte zwischen diesen projekten und auch auf dem eigenen album, das erst nach coltranes tod, fast 1 jahr später, herauskam, um eine leere zu füllen.
aber jetzt erstmal TAUHID auflegen, zuhören. eine für sanders untypische, mir sehr sympathische trance-band: dave burrell, henry grimes, sonny sharrock, roger blank, ned betts. repetitionsaffin, mit leichten intensitätsschwankungen. das spiritual-jazz-arpeggio am anfang, die flöte, das aussteigen. dann freie improvisation, mal mit basssolo hinten im raum, dann fragen und wenig antworten, dann schlagzeug und percussion ohne orientierung. und dann solpern sie in was rein, grimes spielt das bass-ostinato in der falschen tonart, burrell hält 4 akkorde stur dagegen, blank sucht nach dem passenden groove. alles fällt in die spur, setzt sich in bewegung, warten auf das saxofon. das kommt nicht. die rhythm section wird müde, probiert nochmal was neues aus, steigert intensitäten, schläft wieder fast ein. und dann verschluckt sich der schönste tensorsaxsound der jazzgeschichte (ha, ich bleibe dabei) fast, und die sonne bricht durch die wolken. sanders nimmt sich insgesamt nur 4 minuten am ende, in dieser zeit stellt er seinen begriff von schönheit vor, spaltet dann seinen ton inzwei, reißt die wand ein, hört zu spielen auf und fängt an zu singen. 4 minuten sandersessenz. das kurze stück „japan“: kein saxofon nötig. ein schönes kleines melodiefragment, burrell kann sowas unendlich wiederholen, sanders singt ein bisschen mit. und dann noch die suite, die nach den sternen greift und wiederum in drei teile zerfällt, die kaum etwas miteinander zu tun haben, aber ein afroamerikanisches brennglas bilden, für wut, zärtlichkeit, kitsch, sex, altägypten, utopie und stromrechnung. das legen wir alles erstmal in den schrank, dachte bob thiele. und drei jahre später spielt sanders seinen „prince of peace“ für strata east ein (da spielt er auch nur saxofon, wenn es passt), und dann erst wird bei impulse weitergemacht. heute wissen wir, dass das, was sanders da im november 1966 aufgenommen hat, ihn 55 jahre lang tragen wird.
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