Startseite › Foren › Kulturgut › Für Cineasten: die Filme-Diskussion › Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II) › Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)
Bei mir im Urlaub die letzten Tage noch:
Useless (Jia Zhang-ke, CN 2007) – eine Dokumentation über verschiedene Aspekte der Modeindustrie, anscheinend eine Auftragsarbeit für die Modemachering Ma Ke, die im Zentrum des Films steht und ihre bewusste Abkehr von Fast Fashion und maschineller Produktion erläutert. Das ganze wird durch andere Aufnahmen eingerahmt: Akkordarbeit in Fabriken (und gesundheitliche Probleme der dort beschäftigten Arbeiter*innen – in der vierten Episode aus „A Touch of Sin“ wird die Arbeit einer Fabrik, die Kleidung herstellt, auch thematisiert) und eine Reise in die ländliche Gegend Shanxi (von wo Jia Zhang-ke stammt), wo Jia mit einem ehemaligen Schneider spricht, der jetzt in der Mine arbeitet.
In the Cut (AU/USA/GB 2003) – und damit ist die Jane Campion-Retro jetzt auch wirklich abgeschlossen. Ein starker Film, einmal mehr – wie in der Serienkiller-Story das weibliche Begehren die Hauptrolle spielt … ein anderer Blick also, wie ihn Campion immer zu bieten hat. Aber ich glaube, das wird kein Lieblingsfilm.
Suspiria (IT, 1977) – und dann endlich noch Dario Argentos Original angeschaut, fast ein Jahr nach meiner Guadagnino-Vertiefung letzten Sommer. So viel besser als das Remake, gerade weil er viel stärker auf die psychologische Schiene setzt. Manches an den Figuren ist plump überzeichnet, es sind eher Schablonen als Figuren, aber vieles, was Guadagnino mühsam auserzählt, durchexerziert und erklärt, bleibt im unklaren oder kann nur erahnt werden. Und der „graphic content“ ist ja um Welten kürzer und harmloser – was die Wirksamkeit nur erhöht, finde ich. Gut, habe ich mir endlich mal dafür Zeit genommen! Klar, Guadagnino hat noch weitere Vorbilder, die anthropomorphen Räume von „Repulsion“ etwa, und tausend Dinge, die ich nicht kenne, weil ich in dem Genre echt nicht daheim bin … aber ich glaube, hier will er einfach zu viel. Das nächste Mal schaue ich die beiden dicht aufeinander.
Drive My Car (Ryusuke Hamaguchi, JP 2021) – Eine grosse Überraschung! Hatte den Film seit fast einem Jahr (dann wird automatisch gelöscht, so läuft das bei meinem Telekom-Dienstleister) im Zwischenspeicher … toll, wie der rote Saab die wichtigste Nebenrolle spielt, wie behutsam die Geschichte entwickelt wird (40 Minuten Vorspann – inkl. kurzer Szene bei der dort zu sehenden Tschechow-Aufführung mit Schweizerdeutsch – den Schauspieler kenne ich sogar ein wenig, ein nach Japan ausgewanderter Schweizer), wie sich die Textschichten vermischen: die Story des Films, Tschechows Stück „Onkel Wanja“, die Dramen der Hauptfigur und seiner Fahrerin, die Nebenfäden mit dem Nachfolger (im Bett der verstorbenen Frau – wobei so ist es dann wohl doch nicht ganz, aber das erfährt man erst nach zweieinhalb Stunden oder noch später – und in der Titelrolle), dem koreanischen Dramaturgen und seiner stummen Frau … wirklich stark!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba