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david murray quartet, birdly serenade (2024/25)
ich weiß nicht, ob die NGO, die sich dem schutz der vögel verschrieben hat, damit rechnete, dass ein jazzsaxofonist bei der aufgabenstellung vor allem an bird, also charlie parker, denkt. hier piepts nicht, weder nachtigall noch lerche singen hier für ein liebespaar, wir hören stattdessen bebop-reminiszenzen und 70er loftjazz aus ziemlich aktuell-urbanen mindsets. murray in seinem vierten oder fünften frühling mag nicht in rente gehen, zirkelt nicht ab, trickst noch nicht mal mehr. die band hat jetzt viel miteinander gespielt, das hört man, aber sie entscheidet sich alle paar takte für das raue, unperfekte, nicht für die bereits gefundene form. marta sanchez, deren eckiges comping man auch nervig finde kann (stelle ich mir vor), geht wirklich nie auf nummer sicher, entwickelt auf kompliziertem weg manchmal große intensitäten, während bass und schlagzeug scheinbar keine zeit fürs genießerische nachschmecken haben und so durchpeitschen wie hyperaktive gamer an einem montag abend. eine art fünftes bandmitglied ist für mich maureen sickler, die in ihrem studio den flachen klaviersound ihres lehrers weiterentwickelt hat und für murray völlig neue resonanzräume schafft, gleichzeitig auratisch und im gesamtgefüge eingeebnet. eine tolle kollektive absage an klassizismus und schicke reduktion, hier kracht es schön und staubt verführerisch. und murray hat einen neuen bassklarinettensound, lebhafter krächzend als jemals zuvor. und er swingt wie eine gerade geschlüpfte singdrossel. (und ja, es wird auch gesungen und rezitiert. braucht man nicht unbedingt.)
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