Antwort auf: David Murray

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soulpope
"Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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gypsy-tail-wind

vorgarten david murray brave new world trio, seriana promethea (2021) das ist eigentlich das album, das bei mir ein neues interesse an murray erzeugt hat, wobei ich damals dachte, über den verhältnismäßig dünnen ton und ein paar rhythmische schwierigkeiten aus altersgründen hinweghören zu müssen. ich höre das heute wieder und verstehe es unter dem jüngsten live-eindruck und dem von FRANCESCA weniger. tatsächlich finde ich einfach den saxofonsound hier nicht so gut aufgenommen, die tiefe ist eigentlich noch da, kommt hier nur nicht so richtig durch. murray stellt hier jedenfalls mit hamid drake und brad jones ein neues trio vor, und mit jaribu shahid ist damit die konstante der letzten alben raus (drake dafür wieder drin). die stücke sind z.t. bekannt, z.t. neu, für alles hat murray knackige trio-arrangements geschrieben. super ist die version über „if you want me to stay“ von sly & the family stone, wo pop wieder ekstatisch wird und alles rumpelt und knarzt. was murray auf jeden fall gut bekommt, sind die trockenen grooves, auch wenn er nach wie vor dazu neigt, sie zuzuspielen.

Das Album mag ich richtig gerne – seit Erscheinen. Die Grooves von Drake sitzen und Brad Jones ist der richtige Partner dafür. Murray setzt sich drauf, und klar, spielt auch mal was zu – wann tut er das nicht? Das letzte Trio-Album ist zum Zeitpunkt dieser Aufnahme schon ziemlich lange her, oder? Geplant war das alles nicht von langer Hand, die in Mailand lebende Agentin von Murray versuchte im Herbst 2020, ein paar Tourdaten zusammenzustellen. Drake war gerade in Mailand und hatte Zeit (das gab’s vor der Pandemie vermutlich mehrere Jahrzehnte nicht, dass Drake einfach so Zeit hatte) und Jones, der damals in Venedig lebte, war ihr Vorschlag. Ein paar Gigs mit Murray-Tunes, und 2021 zog das Trio durch Europa, Ende November auch zum Unerhört in Zürich (damals ging ich noch erst selten wieder an Konzerte und verpasste das Trio leider), und direkt am Tag danach in Winterthur ins Studio. Wenn das nach dem Trio mit Allen und Carrington und vor „Francesca“ nochmal eine reine Männerband ist, dann sind immerhin diverse Frauen irgendwie beteiligt: die Schwiegertochter Julia, eine Adrienne, eine Anita un eine Annita als Widmungsträgerinnen (zu „Anita et Annita“ schreibt Derek Schilling in den Liner Notes, das Stück „paints a double portrait of family“) – und dann ist da natürlich noch die Agentin aus Mailand, Ludmilla Faccenda, ohne die e das Trio gar nicht gegeben hätte. Den Sound des Albums mag ich ganz, Murrays Sax klingt irgendwie mattglänzend und ich finde das passt zum Rahmen. Und Jones‘ Bass ist hervorragend eingefangen. Die Musik atmet, bewegt sich ständig, groovt dabei oft wie die Hölle – dass es ein Sly Stone-Cover gibt, passt da natürlich hervorragend. Jones ist dafür der perfekte Bassist, Drake braucht man da gar nicht extra erwähnen. Stone ist leider in den Credits vergessen gegangen, wo alle Stücke Murray zugeschrieben werden (nachdem bei der dt. Version der Liner Notes zu „See You Out There“ schon das Lektorat vergessen gegangen war – da stehen an mehreren Stellen Trennstriche mitten in Zeilen, die wohl von einer Fassung mit anderem Textumbruch übrig blieben).

David Murray blüht im Trioformat richtiggehend auf und Brad Jones bzw Hamid Drake erzeugen mächtig Druck …. und ja, der Bass ist superb eingefangen …. btw sah damals Livemitschnitte auf YTube, welche noch mehr Energie generierten ….

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