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vorgarten
dave gisler trio with jaimie branch and david murray, see you out there (2021)
eine band auf der suche nach einem sound… das trio des gitarristen gisler (mit raffaele bossard, b, und lionel friedli, dm) hatte sich mit jaimie branch verstärkung geholt (ZURICH CONCERT), ein weiterer live-auftritt mit ihr platzte aber wegen des lockdowns, da sprang murray ein, auf diesem album sind dann beide dabei. manchmal ein punk-brett, dann ein paar schwebende atmosphären, dann ein verkomplizierter blues – so recht wird keine haltung spürbar, kein konzept. branch passt vom sound her besser dazu als murray, der dann doch zu viel schwere hat, aber er kann natürlich auch krawall, hat wahrscheinlich an die zeiten mit ulmer in der danceteria gedacht. freien austausch zwischen den beiden gästen gibt es kaum, der leader klingt immer anders, ich kriege das nicht zu greifen, habe aber auch nicht den eindruck, als ob ich das müsste.
Mir ist das vom Sound her deutlich zu krawallig, was vor allem an der Gitarre liegt … das eng verwobene des Trios entgeht mir dabei zwar nicht, aber es geht für mein Empfinden zu oft unter. Branch fügt sich da tatsächlich hervorragend ein, als hörbare Stimme im Gebräu, die als Ruferin immer mal wieder mit kurzen Schreien herausbricht. Am liebsten mag ich die Musik, wenn sie auch mal Atem holt und fast gespenstisch ruhig wird, wie zu Beginn von „The Vision“. branch erinnert da schon ein wenig an Miles Davis, aber das hat vielleicht auch damit zu tun, wie das Trio hier agiert. Später steigert sich das alles und Murray taucht aus der Tiefe auf und bahnt sich seinen Weg durch die Klangwälle – am Ende jedoch ohne sich durchzusetzten, stattdessen wird auch seine Stimme absorbiert und es ist branch, die wieder prägnante Spitzen setzt. Vielleicht brauche ich dieses Neuansetzen in der Ruhe, denn ab da funktioniert das Album für mich besser. Und das Schlusssegment finde ich dann entsprechend auch wieder stark: erneut Gespensterstimmung in „High as a Kite“ mit einer mäandernden gedämpften Trompete, einem leisen Trommelteppich, einer karg hallenden fast tonlosen Gitarre. Murray hat dann im torkelnden Groove des Closers „Better Don’t Fuck with the Drunken Sailor“ noch einen starken Auftritt – vielleicht seinen besten Moment auf dem Album.
Was ich hier sehr mag, ist das Cover (Fiona Ryan). Dasselbe Motiv, das die drei Klappen der Papphülle durchzieht, ist auch auf der Aussenseite des Booklets, etwas kleiner, in der Höhe eingemittet und spiegelverkehrt zu sehen.
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