Antwort auf: David Murray

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gypsy-tail-wind
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vorgarten

david murray and the gwo ka masters feat. taj mahal, the devil tried to kill me (2007/09)

wieder mal ein interessantes fusion-projekt, von den gwo ka masters bleiben vor allem percussion und ein bisschen gesang übrig, die grundlage ist funk (ranzell merritt ist wieder da, dazu der vielseitig einsetzbare jaribu shahid auf dem e-bass), mit taj majhal und der sängerin sista kee kommen aber auch blues- und r&b-einflüsse dazu. kee spielt außerdem ein passables spiritual-jazz-klavier. irgendwie ist dieses projekt auch kommerziell gedacht, es hat etwas leicht clubbiges, von zwei stücken gibt es radio edits. murray spielt manchmal große soli, die wie reingesampelt wirken. rasul siddik (plötzlich wieder dabei und ziemlich super) hat manchmal einen elektronischen schatten. ich finde das ein wenig unentschieden, für den club ist zuviel los und einiges (die gitarren) dann doch nicht so hip, aber ich habe doch den eindruck, dass hier alle ziemlich inspiriert sind und nicht an ein „produkt“ denken.

Zurück aus der Kino-Pause … und bei DMGKM Vol. 4 gelandet, was auf dem Rückcover teils hinter dem Foto versteckt aber auf der CD klar lesbar steht. Vols. 1-3 sind wohl „Yonn-Dé“, „Creole“ und das Album mit Sanders. In den Liner Notes erwähnt Jacques Denis die drei Alben, die seit 1996 andauernde „Reise“ Murrays. Für diese neue Runde reisten die Musiker im Mai 2007 nach Sainte-Lucie, arbeitete in ein paar Sessions die Details aus und zogen dann weiter nach Pointe-à-Pitre, um das Album aufzunehmen.

Ich kann das viel weniger gut einordnen als @vorgarten, aber recht geschäftig ist das und Clubmusik ist das wohl wirklich eher nicht (ich geh ja nie in einen Club), auch wenn es sich durchaus tanzbar anhört. Die Gitarristen vom Vorgänger mit Sanders sind auch wieder dabei (Christian Laviso aus Guadeloupe und Hervé Samb aus dem Senegal), Renzel Merrit (so ist sein Name dieses Mal geschrieben, üblich ist wohl Ranzell Merritt) spielt sehr trockene Beats, total auf den Punkt, Jaribu Shahids Bassgitarre sorgt wieder für eine gewisse Flexibilität mit Dehnungen im Ton … und Rasul Siddik steuert schon im Opener ein Solo bei, da sich vor dem von Murray nicht zu verstecken braucht. Das Netz, das die Musik aufspannt, ist wieder weit und vielfältig – Ishmael Reed hat Songs getextet, einen singt Taj Mahal, den anderen Sista Kee, dazwischen gibt es ein Stück mit beiden Sänger*innen, zudem eine Widmung an Obama (der Opener), den „Canto Oneguine“ von Ladrezeau (der auch hier wieder mittrommelt und singt), Klod Kiauve (der Mastermind hinter diesen Alben, der Murray die ganzen Kontakte verschafft hat und damals auch sein Schwager war) und Murray – und dieser „Gesang“ wiederum stammt aus einer Oper über Pushkin, der dann en passant als „the author of Cameroonian descent considered to be the father of Russian literature“ apostrophiert wird (was auf seinen vermutlich aus dem heutigen Kamerun – darüber wurde bzw. wird noch gestritten – stammenden Urgrossvater Abram Petrovich Gannibal anspielt).

In meinem Kopfkino gäbe es neben der teils etwas leichtflüssigen Gitarren hier (in „Congo“ ist es gemäss den Liner Notes die von Laviso, das Solo im Opener wird zwar erwähnt aber nicht zugewiesen) auch mal noch eins von Taj Mahal, das so richtig reinschneidet in die manchmal etwas dicke und doch sehr bewegliche Musik. Mir gefällt das Album trotz der etwas langweiligen/eintönigen Drums von Merritt (wieder, geht mir ähnlich wie bei „Speaking in Tongues“) ziemlich gut – und obwohl die tolle Stimme von Sanders fehlt wegen des insgesamt wärmeren Sounds und wie mich dünkt den kohärenteren Tracks, auch etwas besser als „Gwotet“. Murray selbst wird hier manchmal fast zur Randfigur – aber es ist ja doch seine Musik, die hier erklingt, und er liefert auf dem „Canto Oneguine“, dem eigentlichen Albumcloser (danach folgen noch zwei Radio-Edits der beiden Stücke mit Taj Mahal) nochmal ein tolles Solo ab, grad so wie im Opener, und gibt dem Ganzen so auch eine Art Rahmen. Auch Siddik kriegt im Closer – teils über Band-Chants – nochmal einen Spot und glänzt erneut.

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