Antwort auf: Bob Dylan

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wahr

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jackofhDenn das Grundproblem der ganzen Regie von Mangold ist für mich, dass er probiert, so „authentisch“ wie möglich alles nachzustellen. Heraus kommen dabei aber nur Klischees. Allein das Greenwich Village, das er zeigt … in nahezu jeder Freiluftszene spielt irgendein Musiker auf der Straße. Der Geist der Zeit, schon klar … Und dann ist das alles so betont pittoresk gefilmt und gleichzeitig vollkommen leblos: Ein Film, in dem man permanent Schauspielern dabei zusieht, wie sie durch Kulissen eines Freilichtmuseums stampfen. Die behauptete Nähe zum Sujet (über Papamichaels Kamera und das Licht könnte man auch noch sprechen) wird so (für mich!) zu keinem Zeitpunkt eingelöst. Wie gesagt, das ist meine subjektive Wahrnehmung der filmischen Qualitäten von „A Complete Unknown“. Ich bin aber wahrscheinlich auch das falsche Publikum für so ein Biopic – daher bitte als Einzelmeinung verstehen.

Ich kann dem zustimmen. Ganz kurzweilig fand ich es, aber ich hatte die gleichen Probleme, die ich oft bei Biopics habe: Ikonisches wird abgehakt, die Protagonisten haben kaum Tiefe oder Entscheidungsspielraum, sondern sind Darsteller und Abziehbilder der überlieferten Historie. Glänzende, absolut beulenlose Oldtimer fahren durch ein rekonstruiertes New York der ersten Hälfte der 60er, alle Menschen scheinen frisch gekaufte Klamotten zu tragen und man fragt sich, ob es damals schon LED-Glühbirnen gab, so hell und unfunzelig leuchten die Lampen in den Räumen manchmal. Figuren werden teilweise arg simpel eingeführt („Wer bist du denn?“ „Ich bin Al Kooper.“). Alles irgendwie eindimensional. Timothee Chalamet macht seine Sache gut, auch wenn ich mir gewünscht hätte, er wäre nicht ganz so häufig mit halb geschlossenen Lidern herumgelaufen. Ich hätte mir da manchmal ein bisschen mehr Elektrizität gewünscht, die aus den Knochen der Körper herausbritzelt. Es wird Tabak geraucht und auch mal ein bisschen getrunken, mehr Drogen scheint es in der ersten Hälfte der 1960er nicht gegeben zu haben. Positiv: Monica Barbaro als Joan Baez singt besser als Joan Baez. Wie gesagt, es war trotzdem kurzweilig. Dass dann wirklich noch drei bestimmt über die Jahrzehnte sorgsam restaurierte Straßenkreuzer in einer kurzen Einparkszene ganz unspektakulär gerammt und demoliert werden, als wäre es das Normalste der Welt, war für mich die überraschendste, schönste und lustigste Szene des Films.