Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

#12458581  | PERMALINK

friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

Beiträge: 5,160

gypsy-tail-wind


Marshall Allen – New Dawn | Das als Leader-Debut zu verkaufen ist auch mehr Marketing als sonstwas … aber das ist super mellow, die Band groovt super (in „Are You Ready“ groovt selbst das siebenköpfige Streichensemble), die Sidemen liefern Soli, die zugleich auf den Punkt sind, aber den Leader, der jetzt nicht mehr in der Form seines Lebens ist, auch nicht schlecht dastehen lassen.
(…)
Die Credits – und manchmal auch die gespitzten Ohren – legen nahe, dass das keine Jam-Session war sondern ein Stückwerk, das in zwei Locations ins Philadelphia (ein Studio und das Sun Ra Haus), in Köln (Dumbo Studios und Loft) und in in Casablanca aufgenommen und erst im Nachhinein zusammengesetzt wurde. In „Sonny’s Dance“ bilde ich mir ein, das zu hören: da psst nicht alles zusammen, die Tempi fliegen stellenweise fast auseinander, die Bläser schleppen, Tacuma versucht zu ziehen, aber die können halt nicht drauf eingehen, weil sie ihre Parts vermutlich schon vorher eingespielt hatten … aber die meiste Zeit funktioniert das wirklich prächtig und ist eine echt schöne Überraschung.

Man kann es auch als ein Statement sehen, dass der 100-jährige Marshall Allen mit New Dawn (und vielleicht programmatischen Titel) sein erstes Album als alleiniger Leader veröffentlicht. Und fast hätte ich gesagt: Es spült wohl auch ein paar Dollars in seine Rentenkasse. ;-)

--

„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)