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ford-prefect Feeling all right in the noise and the light
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RIP Siegfried Schmidt-Joos (1936-2025)
Das doppelbändige Rocklexikon von Siegfried Schmidt-Joos und Barry Graves gilt ja als Standardwerk in der deutschsprachigen Popliteratur. Die beiden Bücher waren auch bei mir in den 1990er und Nuller Jahren meine Bibel. Es war im Frühsommer 1994, als ich mir in einer kleinen örtlichen Buchhandlung diesen Doppelband auf Empfehlung der Buchhändlerin hin kaufte. Ich war unwissende 14 Jahre alt.
Richtig in Gebrauch kamen die beiden Taschenbücher aber erst ab 2001, als ich anfing, kaum mehr Viva und MTV zu schauen, sondern konzentriert Radio zu hören, gezielt den Oldie-Sender SWR1, etwa mit Frank Laufenbergs Sendung „Die größten Hits aller Zeiten“ zwei Stunden jeden Samstagabend, und hr2. Auf dem Kulturkanal hr2 (oder war’s hr1?) wurde damals jeden Tag einem Rock- und Popstar eine geschichtliche Radio-Sendung gewidmet, der gerade Geburtstag feierte. Durch SWR1 und hr2 konnte ich, mit Unterstützung des Rock- und Poplexikons von Siegfried Schmidt-Joos und Barry Graves, in dem ich dazu eifrig blätterte, musikalische Bildungslücken bei mir schließen. Manche Beiträge darin sind etwas schnodderig alltagssprachlich geschrieben, weniger trocken enzyklopädisch, wenn ich mir den Artikel über Yello durchlese. Soll ja auch unterhalten, der Schreibstil. Dennoch enthalten die beiden Bücher geballtes Popwissen zwischen zwei Buchdeckel gepackt. Äußerst spannend ist im zweiten Band im hinteren Teil das Sachstichwörterverzeichnis von A bis Z, in dem man zum Beispiel unter C nachschlagen kann, dass es sich beim Crawdaddy um ein viel gelesenes Musikmagazin in den Staaten von Journalist Paul Williams handelt, oder was eine Fuzz Box ist, was ein Bottleneck und was früher das Max’s Kansas City war (ein Musikrestaurant in New York). Sehr aufschlussreich sind zudem die dortigen Kapitel 100 Meilenstein-CDs, 50 stilprägende und genrebegründende Videoclips, Langform-Rock-Videos sowie das Literaturverzeichnis.
Auf dem Cover von Band 1 sieht man Siouxsie and the Banshees, eine Punk-Pionierin der 1970er Jahre, die mir als nachgeborener Teenager der 90er Jahre völlig unbekannt war, und Prince auf Band 2. Den kannte ich freilich. Was für einen Einfluss Siouxsie Sioux auf die frühe Punk- und Post-Punk-Bewegung nahm, wurde mir erst kürzlich durch den Podcast „Und dann kam Punk“ bewusst, in dem in den letzten Jahren öfter ältere Punk-Fans der ersten Stunde zu Gast waren und von Siouxsie and the Banshees als wichtige Schlüsselfigur ihrer popmusikalischen Sozialisation berichteten. Schmidt-Joos‘ Co-Autor Barry Graves verstarb leider bereits im September 1994 an Aids.
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Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!