Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Ich höre gerade … Jazz! › Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!
redbeansandrice
dieses Harry Carney Album sieht ja wild aus – also: eine ziemlich verrückte Idee, mit einem Koffer voll Kompositionen von britischen Komponisten nach Amerika zu fahren, um sie dort von Ellington Sidemen aufnehmen zu lassen… und dann packt man noch mit Rollins Griffith als Ellington-Ersatz jemanden aus, der sonst eigentlich nur auf ein paar Charlie Parker Bootlegs aus Boston zu hören ist… (Carney war ja auch aus Boston, Gonsalves kam aus der Bostoner Szene – für die Musiker mag das eine naheliegende Wahl gewesen sein).
Diese Ellingtonian-Alben waren ja um 1960/61 herum geradezu ein eigenes Genre … Gonsalves und Clark Terry machten mehrere (und tourten durch Europa), das von Carney gab’s auch bei Dutton/Vocalion auf einem CD-Twofer wieder, zusammen mit „Two from Duke“ von Harold Ashby/Paul Gonsalves (wobei Ashby erst 1968 zur Band Ellingtons stiess, als Nachfolger von Jimmy Hamilton), das Duo nahm 1961 noch ein Album für die UK-Columbia auf, „Tenor Stuff“ (mit Sir Charles Thompson und Jo Jones).
Ein französisches Gonsalves/Hodges-Album mit Oliver Jackson ist für @thelonica auch noch dabei („Ellingtonia, Moods & Blues“, RCA 1960), da spielen wie auf dem Carney-Album Ray Nance und Booty Wood mit).
redbeansandrice
Wegen Lyttleton und „Go Home Dirty Bopper!“, BillF, verstorbener Poster auf .org, war an dem Abend dabei und hat dort gelegentlich davon erzählt… die Ironie ist ja, dass die traditionellen Jazzfans irgendwie recht hatten… ein paar Jahre später gab es in Lyttletons Band eine Saxophonsection an Stelle der Klarinette, und die Musik ist vielleicht nicht gerade Bop – aber auch sicherlich kein Dixieland mehr… ich hab zB dieses Album von 1964, auf dem eine Lyttleton Band mit zwei Saxophonen (Joe Temperley und Tony Coe, no less) Buck Clayton begleitet…
Stimmt, dass Lyttleton recht früh Saxophone in der Band hatte, las ich auch – darüber hatten wir uns ja neulich schon mal kurz unterhalten … der erste Saxer, der den Schmähruf abbekam, war ja Bruce Turner, den ich erst seit kurzem dank dem Reissue von Fingers von Jazz in Britain kenne, „The Complete Fingers Remember Mingus“ – da ist turner neben Coxhill zu hören, und es ist echt beeindruckend, wie ein halber Trad-Jazzer mit Jahrgang 1922 sich in der Band schlägt, das war ein Quintett voller Querköpfe. Coxhill war ja auch älter (Jahrgang 1932), aber der kam wohl direkt in die Swing/Tanz-Szene (dieselbe wie Derek Bailey, nehm‘ ich an, der war Jahrgang 1930) … und wo @thelonica vorhin auch mal Kenny Graham erwähnt hatte: dessen Band hab ich erst letztes oder vorletztes Jahr entdeckt, als ich mir mal die Esquire-Reissue-Reihe von Solid aus Japan vorgenommen habe. Definitiv lohnenswert, auch weil da auf nochmal anderem Weg (Kolonialmacht halt) Einflüsse aus der Karibik zum Jazz finden (schon in den frühen Fünfziger, die zwei CDs, die ich kenne, enthalten Aufnahmen von 1951-53 und da sind ein paar später bekannter als Graham gewordene Leute dabei: Derek Humble, Pete King, Joe Temperley, Phil Seamen … und auch Ginger Johnson, 1916 in Nigeria geboren).
—
Hier vor dem Kino:
Ed Thigpen Rhythm – The Element of Swing | Ein Live-Mitschnitt aus Kopenhagen von 2001 … und eine der besten Aufnahmen von/mit Joe Lovano, für meine Ohren.
Nach dem Kino:
Jess Stacy and the Famous Sidemen – Tribute to Benny Goodman | Mal wieder Zeit dafür, brauchte was zum Runterkommen … hat nur so halb geklappt, aber das ist schon ein schönes Album, obwohl irgendwie für sich genommen kaum etwas erinnerungswürdig ist: Material, Arrangements, Bandmitglieder/Soli … das ganze ist hier definitiv mehr als die Summe der Einzelteile.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba