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Ja, das hat mich natürlich interessiert. Das mutet etwas seltsam an, dass man die Einflüsse von Cluster, Rother, Kraftwerk, Rodelius immer wieder an allen Ecken genannt bekommt, von diesem Album aber noch nie gehört hatte. In England waren die wohl einfach ein paar Jahre zu früh dran.
Obwohl Bruford da natürlich eine Menge King Crimson mitgenommen hat.
Aber die Platte ist wirklich toll.
So, und nun zum Podium. Das folgende hatte ich ja im Forum gelegentlich erwähnt, dass die weit vorne ist, war nicht gerade ein Geheimnis.
3. Iotunn – Kinship
Zunächst mal treffen wir hier wieder auf Jon Aldara, diesmal jedoch zusammen mit der Band der dänischen Brüder Gräs. Es ist das zweite Album von Iotunn, und das erste vor zwei Jahren hatte im Genre schon ziemlich eingeschlagen, und war deshalb sehnsüchtig erwartet worden. Es wurde eigentlich sogar mit kaum zu erfüllenden Erwartungen überfrachtet.
Aber bereits der 14-minütige Opener wischt Kategorien wie „besser/schlechter/ähnlich wie“ schnell weg. Man muss sich auch nicht mit Schubladen aufhalten, ob das jetzt Death, Prog oder Power Metal ist.
Vor allem ist es natürlich Progressiv, weil das Album Maßstäbe setzt. Etwas Vergleichbares wird man nämlich schwer finden, zumal sich halt daran hier noch ganz anders austoben kann. Denn wie er sich hiermit unfassbarer Leichtigkeit durch komplexeste Anforderungen singt, schreit und growlt, das hat man vermutlich so noch nicht gehört.
Und wenn der Refrain „I Know You so Long“ dann in Minute 12 Uhr noch einmal einsetzt und in das Finale mündet, dann ist das zum Sterben schön.
„Mistland“ scheint dann etwas einfacher gestrickt, deshalb ist es auch nur 9 Minuten lang. „Twilight“ hämmert fast 8 Minuten durch, hat aber auch einen Refrain für die Ewigkeit, bei dem vielen anderen die Stimmbänder gerissen wären.
Es gibt aber auch Songs mit sehr schönen spährischen Parts, sanftem Keyboardteppich, akustischen Gitarren und einem fast flüsternden Aldara.
Das Album hält über die gesamten 68 Minuten durchgängig die Spannung, und schließt dann mit einem 12-minütigen Monster. Und auch die Nummer ist keine Sekunde zu kurz, da ist nichts gewalzt oder gezogen. Symphonische Erhabenheit, und ein öfter wiederkehrendes Riff für die Ewigkeit.
Auch die Produktion ist genial. Denn um diese vielen Zutaten so transparent und messerscharf in Szene setzen zu können, braucht es auch ganz viel Gefühl. Ausgewogenheit, Timing, diese wunderbaren Songs muss man behandeln wie rohe Eier.
Warum reicht mein schwellgerischer Kommentar eigentlich nicht für das Jahresalbum? Ich überschlage mich mit Lobpreisungen, aber vor dem Werk steht Platz 3. Eigentlich seltsam.
Nun, ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das zuletzt hatte. Aber dieses Jahr habe ich nun mal drei Fünfer. Da kommt also noch was.
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