Antwort auf: Meine neuen Comics

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zoji

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Calvin und Hobbes – Gesamtausgabe

Vor Jahrzehnten habe ich mal zwei, drei, vielleicht auch vier Bände gelesen, fand es ganz nett, aber richtig gepackt hatte es mich damals nicht. In der Tageszeitung habe ich Strips immer gerne mal mitgenommen, aber im allgemeinen gefielen mir längere Stories besser, und wahrscheinlich störte ich mich auch daran, dass Calvin und Hobbes überwiegend s/w illustriert ist. Vor einigen Wochen habe ich dann doch einmal wieder zwei oder drei Bände gelesen – und diesmal war ich sofort angefixt. Vermutlich liegt das auch an der Bewusstwerdung der eigenen Schimmeligkeit, was bei einem von Haus aus sentimentalen Menschen wie mir nicht nur wieder verstärkt den Blick auf die eigene Kindheit richtet, sondern auch zu einer Neubewertung derselben führt. Will sagen, es ist verdammt leicht, sich mit Calvin zu identifizieren. Mich fasziniert, wie leichthändig hingeworfen das ganze auf den ersten oberflächlichen Blick wirkt, so das selbst ein zeichnerisches Untalent wie ich kurz geneigt ist, sich der Illusion hinzugeben „das könnte ich auch“, und wie sich dann nach kurzer Zeit offenbart „nee, könnteste nicht!“. Da steckt wirklich so viel Ausdruck, Dynamik und Akkuratesse drin, kein Panel zu viel, keines zu wenig, und jedes einzelne enthält auf den Punkt alles wissenswerte. Als ich mich kurz fragte, ob mich die häufigen Wiederholungen stören, wie z.B. die Imagination der Lehrerin als Alien-Monster, merkte ich, dass ich die Figuren bereits so liebgewonnen hatte, dass in der Antizipation der Variation der Pointen bereits nach ein oder zwei Panels ein eigenes Vergnügen liegt. Da ich noch ganz am Anfang stehe weiß ich natürlich noch nicht, ob das über die zehnjährige Geschichte von Calvin und Hobbes und rund 1600 Seiten trägt, aber ich habe Lust auf mehr und zu sehen, ob und wenn ja welche Entwicklung es gibt. Optisch und charakterlich bin ich im übrigen überzeugt, dass Calvin und ich uns in der Grundschule dieselbe Klassenlehrerin geteilt haben.

So sehr mich die Strips amüsieren, so interessant finde ich auch Bill Wattersons Umgang mit seinem Werk. In der von ihm geschriebenen Einleitung gibt er darüber Auskunft, dass die Entscheidung Calvin und Hobbes zu einem bestimmten Zeitpunkt abzuschließen Jahre vor dem eigentlichen Ende fiel, und dann eben konsequent umgesetzt wurde. Und dann ist da seine Verweigerungshaltung, sich jedweder Lizenzierung komplett zu verschließen, weil er sein Werk nicht durch Merch-„Plunder“ banalisiert sehen will. Ohne konkret zu werden lässt er erkennen, dass das keineswegs eine Entscheidung ist, die er für sich so einfach treffen konnte und damit war die Sache erledigt, er musste anscheinend darum kämpfen, weil das eben nicht nur bedeutet, dass er selbst auf eine Menge Geld verzichtete, sondern damit natürlich auch für andere potentielle Profiteure den Geldhahn nicht voll aufgedreht hat. Ich habe eine Menge Respekt für Künstler, die einerseits ihr Werk für abgeschlossen erklären und sich außerdem einer endlosen Geschäftemacherei entziehen. Das wird auch in keiner Weise dadurch geschmälert, dass sein monatliches Einkommen meines sicher immer noch um ein vielfaches übertrifft.

Umso schöner, dass sich daher das überschaubare Gesamtwerk in kompakter Form zum vernünftigen Preis erwerben ließ.

In einem Comic-Thread mit vielen Experten sind meine laienhaften Eindrücke sicherlich weder neue noch tiefgreifende Erkenntnisse, aber meine noch recht frische Zuneigung für den kleinen Scheißer und seinen Schöpfer wollte sich einfach Bahn brechen.

zuletzt geändert von zoji

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Und lieg´ich dereinst auf der Bahre, dann denkt an meine Guitahre, und gebt sie mir mit in mein Grab (Der rührselige Cowboy, D. Duck)