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Zwei „Tapes“, das erste aus der Sammlung von Spike Wells, der eine Tour mit Bobby Wellins im Jahr 1979 dokumentierte, bei der jeweils im zweiten Set die titelgebende Suite jeweils im zweiten Set gespielt wurde, wofür Lol Coxhill und Bryan Spring als Ergänzung zum Quartett (Pete Jacobssen, Adrian Kendon, Wells) mitreisten. Spring durfte anscheinend nur die schottischen „Militärtrommeln“ spielen und war froh, als die Tour vorbei war. Klangqualität okay, nicht immer konsistent. Musikalisch liefern die vier (erste Hälfte) bzw. sechs einiges an Feuerwerk. Die „Fingers“ wurden auch nur spontan dokumentiert, aber da kam damals auf Spotlite eine Platte heraus. Michael Garrick, der hier mal nur „der Pianist“ war und nicht der Leader, wollte die allererste Begegnung des Veteranen Bruce Turner (1922-1993) mit mit R&B-Gewächs Lol Coxhill (1932-2012) dokumentieren. Am Schlagzeug ist Alan Jackson zu hören. Bassist Dave Green leitete die Band und gab ihr (nach anhören der Aufnahmen, zu denen auch „Alice’s Wonderland“ gehört) den Namen – was auch passt, weil Green die Band so beschreibt: „it was a Trad, Bebop, totally in the moment, joyously free improvising, hilariously funny band of completely dedicated jazz musicians“ – eine Offenheit, wie sie Mingus vielleicht als erster in der Jazzgeschichte an den Tag gelegt hatte. Auch hier nicht direkt Hi-Fi, aber konsistent. CDs 1 und 2 dokumentieren die ganztägige Session im Hatfield Forum am 29. Mai 1979 (11 Uhr morgens bis 18 Uhr) mit den Albumtracks („Alice’s Wonderland“ war leicht gekürzt, vom 18minütigen „Remember Mingus“ – auf dem Turner aussetzt – fand nur ein kurzer Auszug auf die Platte, „Alice“ und „Tears Inside“ gibt es je einen Alternate Take, von „Mood Indigo“ einen abgebrochenen kurzen ersten Take, und dann ist da noch „Softly, as in a Morning Sunrise“ sowie ein Warm-Up über „Softly“, ohne Coxhill). Auf CD 3 gibt es dann gänzlich neues Material: einen Live-Mitschnitt auf dem „Merlin’s Cave“ in London vom 10. August, BBC-Aufnahmen von Oktober 1979, Juni 1983 und Dezember 1984 sowie zum Abschluss ein Trio-Stück (Garrick, Green, Jackson) vom 1. Dezember 1993, gewidmet dem am 28. November an einem Hirntumor verstorbenen Turner, das Stück eine Transkription von Coxhills Solo im Stück „Remember Mingus“).
Eine kleine Episode dazu aus „Dusk Fire“, dem Buch von Garrick (im CD-Booklet zitiert, ich hab das Buch nicht) – Garrick erzählt, dass er zur Session nicht nur sein Tonbandgerät sondern auch Noten mitgebracht hat … das waren alles ungeschulte Musiker, die ihr Handwerk durch nachspielen und dann in unzähligen Stunden auf der Bühne gelernt hatten:
„Can’t read Dad,“ said Bruce as he took a look at it.
„Play the same as Lol,“ I suggested, „or play a fifth underneath.“
„What’s a fifth Dad?“ Bruce asked.
„Just play something along with it.“ I said
Bruce did exactly that until it came to his solo. „Can’t read chord symbols, Dad.“ He was a completely instinctive player. He’d studied with Lennie Tristano, mastered the complexities of Charlie Parker and Lee Konitz, could perfectly imitate Johnny Hodges or switch to clarinet and play like Benny Goodman or Artie Shaw, and yet he couldn’t read music and couldn’t read chord symbols!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba