Antwort auf: Uncut: The 500 Greatest Albums Of All Time…Ranked!

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jan-lustiger

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jesseblueDu sagst, dass auch vor Marley reihenweise Reggae-Acts die Charts stürmten… Ist damit die Top10 oder Top100 gemeint? Und was bedeutet reihenweise? Zwei Reggae-Tracks auf 100 (und das Verhältnis ist eventuell hoch gegriffen) machen noch keinen Sommer.

Top 10, inklusive Nummer-Eins-Hits. Den ersten hatte 1969 Desmond Dekker mit „The Israelites“, ein Jahr später waren Dave and Ansil Collins mit „Double Barrel“ ebenfalls an der Spitze der Charts. Ken Boothe, Johnny Nash und Althea & Donna sollten folgen. Das sind jetzt nur Nummer-Eins-Hits, es gab auch einige Top-Ten-Hits mehr (allein aus dem Jahr 1969 fallen mir aus dem Stegreif zwei weitere ein: „Return of Django“ von The Upsetters und „Liquidator“ von den Harry J Allstars – ein Track, der bei britischen Fußballspielen noch heute gerne zum Einsatz kommt). Reggae war, in verschiedenen Varianten (Early Reggae, Lovers‘ Rock, Roots), von 1969 bis circa 1980 ein chart-relevantes Phänomen.

Etwas Hintergrund dazu: Du musst bedenken, dass in Großbritannien sehr viele Einwanderer aus den karibischen Ländern lebten und leben. Jamaikaner sind massenweise dorthin (die sogenannte Windrush Generation). Noch bevor Reggae erfunden war, etablierte sich mit Bluebeat ein Label, das jamaikanische Platten (Ska und Rocksteady) auf dem britischen Markt veröffentlichte. Neben Jamaikanern entdeckten auch andere im UK lebende People of Color Reggae als originär schwarze Musik für sich, ähnlich wie es ein paar Jahre zuvor mit Soul in den USA geschehen war (was auch weithin als Grund dafür betrachtet wird, warum Reggae es in den Staaten schwer hatte: Dort gab es bereits eine Fülle an eigener „Black Music“). Als dann auch ein weißes Publikum die Musik für sich entdeckte – hauptsächlich wegen ihrer Tanzbarkeit, weil Rockmusik sich von Beat und Rock’n’Roll emanzipiert hatte -, ging sie in den Charts steil.

Ich behaupte, dass Reggae nicht zu den 10 gängigsten Musikrichtungen europäischer HörerInnen gehört. Bei einer deutschen Studie erhielt Reggae nicht einmal ein eigenes Auswahlfeld.

Nicht mehr, ja. Aber bitte nicht von Großbritannien ablenken, denn es geht hier ja um ein britisches Musikmagazin. Beim deutschen Rolling Stone würde ein Alleingang Bob Marleys vor diesem Hintergrund mehr Sinn machen (und wäre trotzdem bedauerlich). Und die Liste haben ja auch keine Alltagshörer gebastelt, sondern Musikexperten. Da hab ich einfach ein bisschen anspruchsvollere Erwartungen und meine, das ist auch okay so.

Die Reggae-Szene heutzutage ist lebendig, aber definitiv Nische, die goldenen Jahre längst vorbei. Die Liste soll aber ja die komplette Pop-Geschichte abbilden. Und da hat Reggae eine ganze Dekade durchaus maßgebend geprägt. Da brauchst du nur The Clash, Blondie, The Specials, The Police und unzählige andere fragen. Auch als Einfluss von Bands aus dem Punk-/New-Wave-Umfeld und darüber hinaus lebt Reggae als Einfluss weiter, sogar im Techno, wo er über Dub-Einflüsse in britischer elektronischer Musik Ende der 1980er hinein gelangte. The Orb haben sogar ein ganzes Album mit Lee Perry gemacht. Etc.

zuletzt geändert von jan-lustiger

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