Antwort auf: Jazz & Brasil

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friedrich

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Beutestück Nummer 5 aus meiner Transaktion im 2nd hand shop:



Laurindo Almeida Quartet featuring Bud Shank
(1953)

Es gibt unzählige Varianten dieses Albums, teils mit anderem Cover und sogar anderem Titel. Mein Exemplar ist eine Japanische (!) Pressung von 1979. Ich frage mich, über was für verschlungene Wege diese Platte den Weg in einen kleinen Laden bei mir umme Ecke und dann in meine Hände gefunden hat. Als CD hatte ich schon eine erweiterte Ausgabe, die Brazilliance heißt. Auch schön, aber eine Schallplatte mit diesem schönen Cover (Foto und Design: William Claxton) in der Hand zu halten, ist unbezahlbar.

Dieses Album wird gerne mal als als frühes Bossa Nova Album bezeichnet. Das ist es aber nicht. Der Film Orfeu Nero, der wohl A.C. Jobim und Liuz Bonfa erst auf die internationale Landkarte brachte, erschien erst 1959. Und die Musik ist auch mindestens rhythmisch anders als Bossa Nova. Sie hat nicht diesen leichten federnden beat, nicht die melodische Einfachheit der Bossa. Laurindo Almeidas Gitarrespiel ist anders, erinnert manchmal eher an spanische Musik. Und ist das auf dem Cover nicht auch eine Flamencotänzerin?

Der Vergleich ist also nicht so ganz angebracht. Das Album ist eine frühe Verbindung von Cool Jazz mit brasilianischer Musik, vielleicht eine Erstbegegnung und ein Türöffner und damit vielleicht ein Vorbote der Bossa Nova. Und auch wie Bossa Nova Nova klingt es leicht, tänzelnd und zart. Der filigrane spielende Almeida und der zart melodische Bud Shank – wie ein Mischung aus Paul Desmond und Stan Getz – ergänzen sich wunderbar und Harry Babasin am Bass und Roy Harte an den – manchmal mit der Hand gespielten – drums basteln ein feines rhythmisches Gerüst drumherum. Sehr schön und in meinen Ohren auch sehr reizvoll, weil es Jazz goes Brazil ist, noch ohne die später gängige Bossa Nova-Form angenommen zu haben.

Stan Getz hat 1963 – ein Jahr vor dem Girl From Ipanema – dann aber tatsächlich ein Bossa-Album mit Laurindo Almeida aufgenommen, das übrigens auch sehr gut ist.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)