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david murray quintet with ray anderson and anthony davis (1994)
ich bin im jahr 1994 und bei einem eher ungewöhnlichen one-off-projekt von murray mit lauter leuten, mit denen er sonst nicht zu hören war. das ist jetzt reine geschmackssache, aber mit sowas konnte man mich schon in den 90ern jagen. natürlich ist das alles gegen den restaurativen mainstreamjazz der zeit gerichtet (und auch daran gab es damals ein großes bedürfnis) und auf allen positionen kreativ und virtuos, aber es bleibt ein spezifischer dude-jazz – fünf herren streicheln sich hier über den kopf und schaukeln ihre weichteile und feiern sich dafür ab, welchen aktuellen zugang sie zur jazztradition gefunden haben. im ansatz kommen davis und auch anderson irgendwie (naja, konkret) von braxton und haben eckige perspektiven auf bebop und swing entwickelt, und eigentlich ist davis auch nicht weit weg von crispell oder melford, aber mir kommt das immer wie eine vordergründig aufgeputschte jonglage vor mit dingen, die andere erfunden haben. mit dem kleinen unterschied vielleicht, dass murray nach gutem essen, mittagsschlaf und 90 minuten warmspielen klingt, aus dem heraus er zielstrebig explodieren kann, während ich bei anderson und dem showdrummer campbell denke: gerade erst aufgestanden und dann schnell ein paar linien koks. aber trotzdem erkenne ich murray hier kaum wieder. am besten gefällt mir bassist kenny davis mit seinem unspektakulär schlanken, funkigen akustikbass aus dem erweiterten m-base-umfeld, aber was die eigentliche show angeht, hat ray anderson klar oberwasser, auch vor murray. wenn man das geschluckt hat, mag man konstatieren, dass die salsa-version von „stomping at the savoy“ schon auch ziemlich umwerfend gespielt ist, aber hier sollen menschen umgeworfen werden, die ein weiches polster haben.
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