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Georges Arvanitas Presents … The Ballad Artistry of David Murray – Tea for Two | Dank der 2021er-Neuauflage bei mir vorhanden, sonst hätte ich das Album wohl gar nicht zur Kenntnis genommen. Der Titel verrät in zweierlei Hinsicht, worum es bei dieser Aufnahme vom Mai 1990 (1991 erstmals bei Fresh Sound erschienen) geht: David Murray spielt Balladen und Georges Arvanitas rollt ihm dafür immer wieder den passenden Teppich aus. Klaviersoli gibt es schon auch, die zwei scheinen sich durchaus auf Augenhöhe zu begegnen – jeder in seiner Welt und doch gelingt das Treffen. Der Einstieg mit Strayhorns „Chelsea Bridge“ ist toll, danach wird das über fast 70 Minuten schon etwas langfädig – acht Stücke meist um die sieben bis neun Minuten. Das längste Stück ist passenderweise „Body and Soul“ mit zwölfeinhalb, das einzig kürzere der Closer „La vie en rose“ mit nicht einmal fünf Minuten Dauer. Das alles ist ruhiger, gemächlicher als das Duo mit mit Dave Burrell (da kenne ich erst das eine Album, zu dem ich hier schrieb), Murray bricht zumindest punktuell aus dem tonalen Spiel aus, aber nie aus der Form. Arvanitas bietet sehr passende Settings, recht sparsam gehalten, aber dafür mit umso breiterer Farbpalette am Flügel (Estudi Gema, Barcelona). In den Soli schmückt er mehr aus, aber auch da bleibt der Kontrast zum so reichen Tenorsax-Ton von Murray – und zum Selbstzweck wird das Klavierspiel wirlich nie, da wird jedenfalls nie rumvirtuost. Für sich genommen ist jedes Stück hier eine Art Kleinod – aber am Stück gehört ebbt der Eindruck auf Dauer schon ein wenig ab – und dass die Auswahl der Songs jetzt auch nicht so besonders ist, mag zu dem ein wenig getrübten Eindruck vielleicht auch noch beitragen.
Die Genese des Albums ist zweiteilig: Konzertproduzent („producer“ in den Credits) Jordi Suñol buchte Murray im Mai 1989für einen Auftritt mit seinem Trio. Er berichtet von einem Gespräch mit Clifford Jordan und Barry Harris, die am selben Abend auch spielten: „Murray exhibited not only great knowledge of the tradition of his instrument, but also an enormous respect for the works of his predecessors, particularly Ben Webster, Don Byas and Coleman Hawkins. From there emerged the idea of this session, which I have taken the liberty of defining as different. […] It was an informal session, in which the taste for melody was paramount, and was given shape by the wish to tell an old story with new words. As Murray himself put it at the end of this session, … that’s the really difficult part.“
Jordi Pujol (der Plattenproduzent, „executive producer“ in den Credits) schrieb fürs Reissue von 2021 einen etwas längeren Text: 1990 sollte Murray beim Terrassa Jazz Festival im Duo mit Tete Montoliu auftreten. Suñol hatte ihm angeboten, das Konzert aufnehmen zu können, Pujol meinte, er würde lieber eine Studio-Session machen, so es der Zeitplan zulasse. Der 19. Mai 1990 wurde dafür festgelegt. Das Duo mit Montoliu kam leider nie zustande, weil der Pianist erkrankte und seine Verpflichtungen absagen musste. Ersatz für ihn musste her und wurde in Arvanitas gefunden. „As soon as the recording session began, we realized that the ideal climax had been reached for the music to flow naturally. David Murray projects the more affectionate and sensitive side of his style here, with his distinctive full tenor sound which throbs deeply and slowly tears when blowing ballads.“ – bisschen seltsam formuliert, um es höflich zu sagen, aber in der Sache nicht falsch.
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