Antwort auf: David Murray

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Ralph Peterson Presents the Fo’tet | Im Dezember 1989 nimmt Ralph Peterson, der Drummer der Sessions vom Januar 1988, sein viertes Album für Somethin‘ Else auf, das japanische Label, dessen US-Veröffentlichungen bei Blue Note liefen. Produziert hat auch heir Kazunori Sugiyama. Don Byron (cl, bcl), Bryan Carrott (vib) und Melissa Slocum (b) bilden sein Fo’tet – und auf drei Stücken gucken Frank Lacy (tb, flh) und David Murray (ts, bcl) vorbei. Dass ein Drummer die Band leitet, mag man da und dort seinem geschäftigen Spiel anmerken, aber insgesamt ist das eine tolle Band mit einem besonderen Sound, klar und transparent, aber doch mit viel Wumms, was nicht nur mit dem Leader sondern auch mit dem tiefen Bass von Melissa Slocum zu tun. „Thabo“ von Peterson, „Miss Lady“ von Slocum und „Confrontation“ von Lacy sind die drei Stücke mit den Gästen, letzteres das längte des Albums. Ob es diese Gastauftritte wirklich braucht, finde ich gar nicht einfach zu beurteilen, aber wenn Murray in „Thabo“ am Tenorsax loslegt und sich schnell als der mit Abstand wildeste der hier beteiligten entpuppt, scheint das Byron, der danach an der Bassklarinette zu hören ist, schon anzufeuern. Aber auch für sich ist das eine tolle Band – wo sonst kriegt man eine Hommage an Lee Morgan im 7/4 mit einer hohen Klarinette im Lead (Byron hat „Homegoing (For Lee Morgan)“ auch komponiert) und einem weichen Vibraphon? Byron überzeugt mich nicht immer, das übliche Thema mit der Phrasierung, die mir manchmal etwas schludrig vorkommt, auch den Ton finde ich nicht besonders schön – eher dünn, und dazu passt auch, dass er leider das tiefe Register nur selten einsetzt. An der Bassklarinette tut er’s öfter mal, aber auch gerne für den Effekt, nur um auch da wieder in die Höhe zu schnellen. Aber das ist Gemäkel auf ziemlich hohem Niveau – ich mag die Band und ich mag überhaupt die Peterson-Alben für Somethin‘ Else („Art“, das sechste und letzte, wenn ich richtig geguckt habe, kenne ich noch nicht). Dass der Leader druckvoller spielt als auf den Murray-Sessions vom Januar 1988 stimmt gewiss und ist beim zweiten Stück mit den Gästen klar zu hören. Das letzte, längste, von Lacy, beginnt sehr frei, erst nach ein paar Minuten fällt die Band in einen festen Beat und spielt das Thema, mit Lacy am Flügelhorn im Lead. Ein längeres Solo spielt er dann aber an der Posaune. Murray und Byron (bcl bzw. cl) sind hier nur in den Ensembles zu hören. Als Closer gibt es nach acht Originals eine ziemlich hippe Version – mit ein paar Full-Stops – von „Johnny Come Lately“, in der Peterson an Besen sehr toll ist.

Murray ist hier jedenfalls echt kein Kaufgrund – zwei eher lärmige Soli am Tenorsax, die den Sound des Fo’tet etwas aufmischen (was Lacy durchaus auch tut, aber weniger entschieden). Das Album lohnt aber auch so.

Irgendwann muss ich mich endlich mal mit Frank Lacy beschäftigen – der steht ja bei @vorgarten auch hoch im Kurs. Mir ist er live nur mit der Mingus Big Band begegnet (um bei der Live-Aufnahme des Albums aus dem Moods dabei gewesen zu sein, bin ich ein paar Jahre zu jung), aber ist natürlich als Sideman auf einigen weiteren geschätzten Alben dabei … und bei der späteren Murray Big Band auf DIW taucht er auch wieder auf.

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