Antwort auf: David Murray

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gypsy-tail-wind
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Meine neuste Murray-CD, gestern eingetroffen, ist Daybreak, am 30. März 1989 im Morning Star Studio in Springhouse, PA, aufgenommen – wie es scheint das dritte Duo-Album nach dem auf DIW mit John Hicks (ich kenne es nicht, @vorgarten hat hier zwei Sätze dazu geschrieben) und dem auf Enja mit Aki Takase, das mir zwar in Behelfsversion vorliegt, aber irgendwie hab ich das schon im Enja-Faden ausgelassen und jetzt bin ich auch schon über ein halbes Dutzend Alben weiter … nunja, ein anderes Mal. Der Anstoss zum Album kam von Sam Charters, dem Produzenten und Liner Notes-Autor: er habe Burrell gefragt, mit wem er ein Duo-Album machen möchte und die erste Antwort war: David Murray. „We think a lot alike about things when we play“, wird er zitiert. Mit Dave Burrell spielt Murray vier längere Stücke, drei von Burrell und eines („Sketch #1“, hier kommt die Bassklarinette zum Einsatz) von Murray. Mir gefällt das vom ersten Eindruck her gut – funktioniert allerdings völlig anders als mit Rhythmusgruppe, die zwei sind manchmal auf ihren üblichen Pfaden unterwegs, können sich aber wie es scheint stets lesen, beenden manchmal Phrasen des anderen, gewähren Raum oder nehmen ihn sich. Das längste Stück, „Blue Hour“, beruht auf einem langen Gedicht von Burrells Frau, Monika Larson, und es klingt wirklich danach, als würde Murray Verse rezitieren, von Burrell recht sparsam begleitet, immer wieder im Unisono – das erzeugt fast kammermusikalische Stimmung, und ist damit nochmal völlig anders als auch der Rest des vorliegenden Albums. Alles in allem wirkt das sehr frei, auch ohne die ganz grossen Ausbrüche … die braucht es vielleicht in dem Rahmen auch gar nicht?

Trivia: Gazell wurde wohl 1949 in Schweden gegründet, 1960 an Sonet verkauft (1956 ebenfalls in Schweden gegründet), aber die Marke überlebte; einen Gazell Club in Stockholm gab es auch noch, aber da ich steige nicht durch (der englische Wiki-Eintrag besteht teils aus unvollständigen Sätzen und ins leere laufenden Demonstrativpronomen – vermutlich ist es besser, sich den schwedischen Eintrag übersetzen zu lassen … ich weiss nicht, ob der Link funktionier). Bei Sonet arbeitete Charters (1929-2015) ab den Siebzigern oder so, als er in den Jahren des Vietnamkriegs von den USA nach Schweden zog. Er produzierte auch Blues, Zydeco, Afrikanisches usw., schrieb auch Lyrik und Romane. 1991 oder 1993 landete der Sonet-Katalog bei Universal, 2004 gab’s mal einen „batch“ Jazz-Reissues aus dem Sonet-Katalog bei Universal, auch wieder von Charters produziert. Dass auf dem Booklet der CD von 1989 steht „David Murray appears by courtesy of Epic Portrait Records“ ist wol ein Treppenwitz … da kam es ja nach „Ming’s Samba“ zu keinem weiteren Album mehr.

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