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James Blood Ulmer – Forbidden Blues | Das nächste Album stammt vom 30. und 31. Juli sowie 8. September 1996 aus dem Avatar Studio in New York (Dan Gellert war der Tonmeister). Ulmer spielt einmal Flöte, singt auf drei seiner neun Stücke, Calvin Weston ist stets dabei, am Bass auf den ersten drei Stücken Calvin Jones (Kontrabass) und später dreimal Amin Ali (elektrische Bassgitarre), auf den drei mit Ali ist auch sein Sohn (wie ich vorgartens Post entnehme) Michael Mustafa (keys) dabei. Auf dem Titeltrack sprechsingt Ulmer und Dana Manno steuert die Backing Vocals bei. Auf den drei Stücken ohne Bass (und ohne Gesang) – jeweils im Wechsel mit den drei mit Ali/Mustafa programmiert – taucht Charles Burnham an der Violine (von „Odyssey“) wieder auf, es gibt also als dritte Formation ein g/v/d Trio (einmal mit Flöte). Das hat sogleich einen sehr tighten Groove, dank der ausgesparten, wuchtigen Drum von Weston und zum Einstieg gleich zweimal dem federnden Kontrabass von Jones. Der Titeltrack schafft eine tolle Atmosphäre, Ulmers Sprechgesang ist superb und natürlich schlängelt sich zwischen Stimme(n) und Bass stets seine Gitarre hindurch – eine ständige Präsenz, unberechenbar mit kleinen Riffs und Akkorden, halben Linien, offenen Saiten. Das ist schon wegen der ständig wechselnden Line-Ups ziemlich uneinheitlich, aber seltsamerweise stört das gar nicht. Nach dem Funk und dem Sprechgesang folgt an dritter Stelle ein klassisches Jazz-Tune, in dem Weston zeigt, dass er auch sowas sehr gut kann – und Ulmer quasi ein Jazz-Solo spielt, wie es das schon lange nicht mehr zu hören gab (ich kenn ja vieles nicht, da verlass ich mich auf vorgarten). Der erste elektrische Track ist dann ein Popsong, der vielleicht zu den frühen Columbia-Alben zurückblickt, aber den Funk der letzten Jahre ebenfalls bereit hält. Das erste Stück mit Burnham baut eine Art Drone-Groove auf, ein kleines auf- und absteigendes Violinenmotiv, ein zirkulärer Marsch-Beat, dazu die offene Gitarre von Ulmer. Dann ein Hip-Hop-Beat, ein einfachstes Bass-Lick, seichte Keys. Das zweite Stück mit Burnham ist dann eine Americana-Roots-Nummer, bevor es mit noch einem catchy Pop-Song mit Motown-Basslick und etwas Scat-Gesang weitergeht, bevor Ulmer im Closer seine Gitarre wieder mal à la Sitar singen lässt … völlig irre, was hier alles durchexerziert wird. Und noch irrer, wie es irgendwie trotzdem funktioniert. Das hat viel mit der Gitarre zu tun, die sich – das gehört für mich ganz stark zum Faszinosum Ulmer – irgendwie nie in den Vordergrund spielt, selbst dann nicht, wenn sie soliert. Aber sie ist immer da, sorgt für eine Menge toller Sounds, Riffs, Rhythmen … das tonale Zentrum eben: eigentlich überhaupt nicht wegzudenken, aber wenn man nicht aufpasst erstaunlich leicht zu überhören.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba