Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › Enja Records › Antwort auf: Enja Records
vorgarten
lux quartet, tomorrowland (2024)
heute erschienen, enja brandaktuell. ähnliches instrumentarium wie auf THE MAGICIAN, nur dass dayna stephens nicht nur altsax, sondern auch tenor und sopran spielt. auch das eine super band, wie ich live überprüfen konnte. von allen gibt es kompositionen, die eine schöne balance halten zwischen komplizierten head arrangements und catchy swingern (die aber immer einen twist haben), melfords material wahrscheinlich das komplexeste, oft mit anspielungen auf bildende kunst (cy twombly erwähnte sie beim konzert), während co-leaderin allison miller (sessionmusikerin, kennt man vielleicht aus bands von dr. lonnie smith oder marty ehrlich) eher die ‚jazzigeren‘ aspekte dieser musik verkörpert. immer wieder toll, wenn das freigeistige durcheinander zwischendurch zusammenfließt, aber das ist ohnehin der fokus: eine schwitzende band, die an mehr spaß hat als an der umsetzung von material. ziemlich weit vorne für 2024, finde ich: konzept und playing ausbalanciert, weibliches leadership, perfekter akustischer quartettsound, in härte, reibungsfähigkeit und melancholischer schönheit sehr newyorkerisch.
aufgenommen im februar 2023 in new york (sear sound, chris allen), produziert von melford und miller, von werner aldinger auf enja yellowbird veröffentlicht.
Lux Quartet – Tomorrowland | Da bin ich dann mal so frei und docke für die letzet Runde an … im direkten Vergleich finde ich das gerade sehr erhellend, weil das völlig anders funktioniert aber dennoch auch wieder sehr tight ist. Allison Miller pflegt einen recht lockeren, oft leichten Stil, setzt gerne die Besen ein. Scott Colley glänzt immer wieder (und müsste in der halben Diskussion, die hier um Larry Grenadier und Thomas Morgan läuft, schon auch berücksichtigt werden, nicht?), hat in diesem Rahmen aber auch viel Freiraum, den er nicht mit aberwitziger Virtuosität sondern resonantem Bassspiel, gerne in der tiefen Lage, füllt. Melford am Klavier kommt immer mal wieder richtig in Fahrt und spielt rasante, dichte Soli. Das alles gefällt mir sehr gut. Etwas weniger gut klappt mein Zugang zum Spiel von Dayna Stephens. Auch er ist durchaus band-dienlich unterwegs, aber so einen Extra-Glanz wie bei Ron Miles sucht man vergeblich (okay, bei wem denn nicht … Miles ist bzw. war da wohl wirklich ein sehr spezieller Fall). Manchmal ist das sehr frei, dann wieder super tight, manchmal wirkt es auch etwas gar locker im Studio dahergejamt. Fesseln kann mich das Album bisher nur teils, obwohl es mich durchaus anspricht. Ein weiterer Faktor neben Stephens könnte im Material liegen. Ich finde gerade die komplizierten Melford-Tunes, die in frei wirkende Soli und kommunikativ durchaus ereignisreiche Ensembles führen, wohl am besten, weil sie die Band am meisten anzuregen scheinen – und weil sie Strukturen aufbrechen: im letzten von ihnen, „Dried Print on Cardboard“, mündet eine längere ts/p Duo-Passage in ein Klaviersolo, zu dem Colley und dann auch Miller dazustossen und dem freien Klavier eine längere Zeit freie Begleitung zu kommen lassen, bevor sie in einen Groove fallen, während Melford frei weiterspielt. Solche Reibungen machen schon viel Spass. Hintenraus wird das Album für meine Ohren eh stärker, auch der Closer und Titeltrack, Scott Colleys kompositorischer Beitrag, führt das Quartett in Gefilde, die ich ziemlich ergiebig finde.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba