Antwort auf: Enja Records

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La Banda – Musica Sacra della Settimana Santa | Das letzte Album aus der Mittelmeer-Ecke, das ich habe, ist dieses hier, der Zweitling der Banda di Ruvo di Puglia aus dem Jahr 2010. Die CD dokumentiert eine konzertante Rekonstruktion der Musik, die in der Karwoche gespielt wird, aufgeführt am 19. Juni 2009 beim Festival de Saint-Denis in der dortigen Basilika und von Radio France mitgeschnitten. Pino Minafra ist natürlich auch hier dabei (als einer von zwei Sopran-Flügelhornisten). Und Vincenzo Mazzone reiht sich unter die drei Schlagzeuger. Luigi Cirenei (1881-1947, er studierte u.a. bei Pietro Mascagni) und die Brüder Antonio (1896-1988, er lernte u.a. bei Francesco Cilea) und Alessandro Amenduni (1904-2002) haben die Musik komponiert, die hier aufgeführt wird – Musik die seit den Zwanzigerjahren aufgeführt wird. Nach dem öffnenden „Requiescat in pace“ (der eine Beitrag von Cirenei) erklingt eine Art Begräbnismarsch, „Giorno di dolore“ (Alessandro Amenduni) – doch eigentlich ist das alles Musik für sehr langsames Marschieren – wenn bei Prozessionen stundenlang Statuen oder Kreuze durch die kleinen Städte getragen werden. Die im Booklet knapp umrissenen Rituale und Bräuche, die besonders in Süditalien bis in die Gegenwart hinein nach alter Sitte begangen werden, sind mir reichlich fremd, und so ist das Album für einen agnostischen Protestanten auch eine Art ethnographische Reise. Musikalisch geht mir das allerdings oft nah – näher auch als die leichtgewichtigen Adaptionen von Opernarien auf dem ersten Album. Die Verschränkung der Solo-Stimmen (auch hier wieder Flügelhörner in vier Lagen (kleines in Es, Sopran in B, Tenor in B un Baritone auch in B) mit den Ensembles ist oft wahnsinnig schön, da schlängelt sich auch mal eine Baritonstimme unter den Blech- und Klarinettenchorälen hindurch. Eine Konzert-Reproduktion dieser Musik ist vielleicht irgendwie falsch – aber andererseits natürlich auch die einzige Art, wie sie halbwegs adäquat dokumentiert werden kann (die SWF-Aufnahmen vom ersten Album klingen besser, hier hingen wohl einfach ein paar Mikrophone in der halligen Kirhce herum … das gibt einen warmen, schönen, aber nicht sehr differenzierten Mischklang).

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