Antwort auf: Enja Records

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Gianluigi Trovesi – Dedalo | Um den Dreh herum war Trovesi sehr aktiv, neben dem Oktett-Album auf ECM („Fugace“) gab es auch bei Enja noch ein zweites Album, dieses mal mit der WDR Big Band unter Trovesis Leitung. Es sei dies – obwohl er 15 Jahre mit der RAI Big Band und natürlich mit dem Italian Instabile Orchestra spielte, das erste Album, auf er dem seine Musik für klassische Big Band (5-4-5 plus Rhythmusgruppe inkl. Gitarre) arrangiert habe. Neben Trovesi (as, alto cl, bcl) sind Markus Stockhaus (t, flh), Tom Rainey (d) und Fulvio Maras (perc) als Gäste dabei, aus der WDR Big Band hören wir vor allem Frank Chastenier (p), Paul Shigihara (g) immer wieder, dazu auch John Goldsby (b) und einige der Bläser, z.B. John Marshall (t), Dave Horler (tb), Heiner Wiberny (as), Olivier Peters (ts, fl) und Rolf Römer (bcl). Lucas Schmid spielt die Bassposaune und die manchmal sehr prominente Tuba. „Hercab“ gibt es als Opener und in einer Live-Version als Closer (vom 2001er Moers Festival), von „Herbop“ ist zuerst ein kurzes Fragment und dann eine ausgewachsene, fast 13 Minuten lange Version zu hören, vom „Dance for a King“ (Eric Dolphy gewidmet) drei kurze Fragmente. Dazwischen gibt es Trovesi-Klassiker wie „Scotch“ und „From G to G“ – vom gleichnamigen Album stammen die meisten Stücke hier. Eine Art Luxus-Karriereschau mit hervorragender Band und guten Arrangements, bei denen fast immer Corrado Guarino mitgewirkt hat, bei „Dance fo the East No. 2“ auch noch Fulvio Maras, der zudem allein „Herbop (Fragment)“ und den „Dance for a Hip King“ arrangierte. Was mir hier sehr gefällt, neben Spiel und Musik des Leaders, ist wie Tom Rainey mit fein geklöppeltem Spiel eine Big Band antreibt, ohne je in die üblichen Big Band Schlagzeug-Klischees zu fallen. Markus Stockhausens Virtuosität (er spiet auch Piccolo-Trompete) ist oft schlicht atemberaubend, wird mir aber manchmal etwas zu viel. Was mir weniger gefällt, ist die Gitarre von Shigihara, die besonders in seinen zwei Soli etwas dünn und ziemlich gequält klingt – der Kontrast zur schön klingenden Jazzgitarre von Paolo Manzolini (auf „Midsummer’s Dream“) könnte kaum grösser sein. Das Titelstück, an zweitletzter Stelle, ist für mich dann hier eine Art Antiklima: hypervirtuoser Stockhausen und Shigihara, während der Leader, der das vielleicht noch hätte retten können, gar nicht zu hören ist. Das Album ist übrigens eine Neuanschaffung – grad so, wie die ECM-Strecke hier mich endlich zum Kauf von „Fugace“ bewegt hatte (oder hatte ich das zufällig schon etwas früher … ich weiss es nicht mehr) – damals, vor 20-25 Jahren, hörte ich von all diesen Formationen Radio-Mitschnitte der jeweiligen Programme und gab mein Geld lieber für andere Aufnahmen aus („Midsummer’s Dream“ war eine Ausnahme).

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