Antwort auf: Enja Records

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Lee Konitz New Quartet – Live at the Village Vanguard | Das „New Quartet“ besteht aus dem Leader und dem Trio Minsarah: Florian Weber (p), Jeff Denson (b) und Ziv Ravitz (d). Nach den „Three Guys“ sind meine anderen zwei Konitz-Erlebnisse mit dieser Formation verbunden (wobei das eine Mal Dan Weiss am Schlagzeug einsprang). Die Alben habe ich noch kaum angehört, weil die Live-Erlebnisse so einprägsam waren. Hier geschieht dasselbe, was ich selbst im Konzert erlebte: die vier dekonstruieren (oder eher: recompose) alte Standards. Beim einen Konzert konnte das Publikum sogar Vorschläge machen, es gibt also nicht nur „Thingin'“, ein paar Originals wie „Subconscious-Lee“ oder „Kary’s Trance“ und die anderen sieben Songs, die Konitz immer spielte („I Remember You“, „Stella By Starlight“), sondern auch Stücke wie „Sky Lark“ und „In Your Own Sweet Way“. Ein Weber-Stück, „Color“, hat sich auch noch eingeschlichen. Los geht es programmatisch mit „Cherokee“ und schon hier ist atemberaubend zu hören, wie frei die vier mit dem Material umspringen, wie sie einander vertrauen und sich auf einander verlassen können. Dass der alte grumpy Konitz sich noch einmal auf so ein Abenteuer einlassen mochte, ist eine wundersam schöne Freude. Weber findet warme Worte im Booklet zur ersten CD, die 2010 erschien: „I would like to thank Lee for opening these doors. This man, so young at heart with his pure intention, his knowledge, him being part of jazz history and present jazz, is a constant inspiration for all of us.“ Davor erläutert Weber am Beispiel von „I Remember You“ und „Kary’s Trance“ (Konitz schrieb sein Thema, das erst am Ende erklingt, über ein altes jüdisches Lied, das Denson hier am gestrichenen Bass spielt), wie der Ablauf funktioniert und streicht nochmal heraus, dass das alles völlig ohne Absprachen passierte. Winckelmann berichtet von den Proben in Konitz‘ Upper Westside-Haus, wie der gesagt habe: „Let’s do this quiz style. We start improvising immediately and give only tiny hints as to the melody we are actually playing on. The first in the audience to recognize the tune should raise his hand and we buy him a drink when he is right!“ Ein Scherz ist das alles jedoch nicht, was die vier bieten schürft tief und die Wandlungen, Verwandlungen, Transformationen, die die Standards durchmachen, sind oft wirklich atemberaubend – gerade weil nichts davon abgesprochen ist und die Dinge sich doch immer wieder fügen, die vier sich finden, auch da, wo sie komplett aus der Form oder den Changes ausbrechen. Im ersten Album neben den vier Originals inkl. „Thingin'“, „Cherokee“ und „I Remember You“ auch „Polka Dots and Moonbeams“, auf dem zweiten, dem reinen Standards-Album, neben „Sky Lark“, „Stella“ und dem Brubeck-Stück auch „The Song Is You“, „Just Friends“ und „I Love You“).

Lee Konitz – Standards Live: At the Village Vanguard | Die Aufnahmen entstanden am 31. März und 1. April im Village Vanguard, Jim Anderson agierte als Tonmeister. Im Booklet des ersten Albums gibt es zahlreiche Fotos (Hanayo Takai) und Texte von Weber und Winckelmann. Album Nummer zwei wurde 2014 nachgereicht, die Aufmachung ist einfacher, ein paar kleine Fotos und ein weiterer kurzer Text von Winckelmann. Das ist ein Fall, in dem ich wahnsinnig gern eine kleine Box mit allen Sets/Stücken der zwei Abende hätte. Immerhin bringen die zwei CDs fast zwei Stunden Musik zusammen. Das eine „lange“ – 75-80 Minuten Set – , wie er es zumindest beim letzten Auftritt in Zürich spielte, konnte Konitz sich im Vanguard nicht erlauben, aber vielleicht gab es auch nur vier Sets à 35-40 Minuten und dann ist hier doch fast alles drauf, wer weiss … dennoch: eine komplette Ausgabe in Reihenfolge und mit Konitz‘ Ansagen wäre schön! Das sind auf jeden Fall wundersame, tolle Mitschnitte, die nochmal ein anderes Level erreichen als das Studioalbum „Deep Lee„.

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