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@vorgarten
coleman hawkins, the hawk flies high (1957)
ein instabiler, immer wieder kippender triller in hohen klavierlagen, dazu ein unendlich lang gehaltener trompetenton, so steigt „juicy fruit“ aus dem thema in die soli ein, und die zeit steht still. ein verrückter moment in einem album, das so gar nicht von der stange ist und gleichzeitig eine für mich ungreifbare melancholie hat. bebopper’s aftercare, möchte man denken, doch der leader läuft gegen irgendetwas sturm. „ruppig“ würde friedrich sagen, und das trifft es, ähnlich wie webster war auch hawkins scheinbar öfter in keiner schmusestimmung, selbst hier auf „laura“ nicht. ich rechne ja nie mit so viel individualismus ende der 50er, dabei habe ich gerade helen merrill gehört. und überhaupt spricht daraus nur meine unkenntnis.
Ich kenne diesse Album leider nicht. Liest sich sehr gut!
Was quäle ich mich immer wieder, Worte für das zu finden, was ich höre! Ich weiß nicht, ob mir „ruppig“ selber einfiel oder ob das einfach eine Übersetzung des Wortes „gruff“ ist, das Sonny Rollins in diesem Interview gebraucht (ab etwas 0:50 min), um eine der Facetten von Ben Webster zu beschreiben. Wobei bei „gruff“ auch noch andere Bedeutungen mitschwingen. Verkehrt ist es aber nicht.
Apropos Ben Webster, „kind of gruff, but he had also a very sweet sound“, wie Sonny Rollins sagt. Ich habe schon eine Weile diese Box im Regal stehen:
Ben Webster – Big Ben (Aufnahmen von 1931 bis 1951)
4 CDs mit fast 100 Stücken, davon einige mit einem Klang, bei dem man neben dem Rauschen auch gleich ein Stück der Musik mit weggefiltert hat. Nicht leicht zu hören und daher habe ich die Box auch noch nie komplett angehört. Habe aber angefangen, persönliche Favoriten daraus zu destillieren. Ich bin bereit, vieles hinzunehmen, wenn ich in diesem riesigen Haufen Musik so eine Perle finde:
Blues, Mister Brim (Ben Webster, ts; Al Haig, p; Bill De Arango, g; John Simons, b; Sid Callett, d / 1946)
Wann hat man je solch einen Überschwang, so eine Gegensätzlichkeit der Gefühle gehört, wo sonst gibt es so einen dramatischen, „ruppigen“ Höhepunkt wie hier zwischen 1:00 und 2:30 min?
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)